Offensee 5. Oktober 2013

 

Eigentlich sollte der Titel ja „Offensee – Almsee“ heißen, aber manchmal muss man sich das Scheitern besser eingestehen, statt wieder nur Blödsinn zu machen, wie zum Beispiel am Vilsalpsee.

 

Nachdem ich Mitte September noch immer keine richtigen Planungen für einen Herbstmarathon aufgenommen hatte, bekam ich durch Bernhard aus dem Laufforum die (für mich) günstige Gelegenheit, seine Startnummer für den Frankfurt Marathon Ende Oktober zu übernehmen. Damit war klar, dass ich an den Wochenenden nun schleunigst Longjogs einbauen musste. Im Salzkammergut fehlte mir noch der Traunsee, der würde aber aufgrund seiner Größe und Topographie weniger dem Training als vielmehr der Zerstörung dienen. Dann waren da noch die kleineren Alm- und Offensee, die relativ nahe beisammen lagen und daher gemeinsam umrundet vielleicht einen längeren Lauf ergeben könnten.

 

Bei der ersten Planung kam ich bei einem Verbindungsstück von gut 10 km, das natürlich zweimal zu laufen war, und der Umrundung beider Seen auf weit mehr als 30 km, was mir angesichts der zu bewältigenden Höhenmeter als zu viel für einen optimalen Trainingslauf erschien. Außerdem überlegte ich, ob ich das letzte Stück zum Almsee besser am markierten Wanderweg oder auf der Forststraße dem Weißeneggbach entlang laufen sollte. Schließlich entschied ich mich, den Wanderweg hin und die Forststraße zurück zu laufen. Damit würde ich zwar den Almsee nicht ufernah umrunden, mir aber ein Stück Straße sparen und die geplante Laufroute auch knapp unter 30 km bringen. Das sollte passen.

 

Nicht eingeplant war allerdings, dass ich nach dem vortägigen Schafbergausflug nun auch noch einen Ausflug nach Bad Ischl einbauen sollte. Aber zumindest den Nachmittag hatte ich frei. Um halb 1 Uhr überließ ich meine Mutter dem Kofferpacken, um halb 7 Uhr sollte ich, nach der gestrigen Verspätung diesmal wirklich pünktlich, zurück sein, blieben immerhin noch sechs Stunden.

 

Nun ist ja Zeitnot nicht unbedingt die beste Vorgabe für eine gemütliche Laufrunde. Dann schlug auch noch das Wetter um und bei der Anfahrt durch das Trauntal sah ich in den Bergen schon die Regenwolken hängen. Berge? Dort wo der Übergang ins Almtal sein soll, stehen ja richtige Berge! Das war mir zwar grundsätzlich bekannt, auf der Karte schaute das aber trotzdem viel harmloser aus. Zum Glück konnte ich bei der Auffahrt zum Offensee schon ein paar Höhenmeter abbauen, die Realität blieb aber trotzdem beeindruckend genug.

 

Ich fuhr möglichst bis zum Talschluss, um gleich die Steigung in Angriff nehmen zu können, den Lauf um den Offensee könnte ich ja am Ende erledigen, falls ich wieder (rechtzeitig) zurückkommen sollte. Ich zog mich um, suchte mir alle Sachen zusammen, verlegte sie wieder, begann wieder zu suchen und merkte, dass ich schon ziemlich fahrig war, bis ich endlich laufen konnte.

Offensee

 

Der erste Kilometer ging schön am Seeufer entlang und trotz trüben Wetters gab es schöne Stimmungen am Wasser. Dann kam die Abzweigung des Wanderweges über den Hochpfad ins Almtal. Ein Weg- weiser prognostizierte eine Gehzeit zum Almsee von vier Stunden. Ich begann zu rechnen. Wenn ich An- und Abfahrt, duschen und Wäsche waschen und die eigentlichen Seenumrundungen, wegen derer ich ja da war, abziehen würde, so blieben für einen Übergang nicht einmal eineinhalb Stunden. Ich musste also laufend dreimal so schnell sein wie die angegebene Wanderzeit, das schien mir nicht machbar.

Offensee

 

Ich lief trotzdem einmal los. Wobei ich natürlich nicht lief. Schon beim Kartenstudium hatte ich erwartet, dass ein Gehen an einigen Stellen angebrachter sein würde. Der Weg war jetzt aber so steil, dass ich fast froh war, überhaupt hinauf zu kommen. Darüber hinaus hatten sich, vermutlich nach den letzten Regengüssen, massive Schotter- felder durch den Wald geschoben, sodass ich mehrfach den Weg suchen musste. Aufgrund der Steilheit begannen die Wadeln schon zu ziehen und die Laufjacke musste ich mir wegen der Anstrengung bald ausziehen.

 

Nach einer halben Stunde wurde es etwas flacher und ich konnte wieder zu laufen beginnen. Ich erreichte den höchsten Punkt am Übergang zwischen den beiden Seen, der mit 1.029 m angeschrieben war. Ich lief durch einen Holzschlag, neue Forststraßen waren durch die Landschaft gefräst, es ging zwar gut zu laufen, aber Wandermarkierungen waren nicht mehr zu sehen. Ich wusste zwar, dass man dann besonders aufmerksam laufen muss, trotzdem gelang es mir, in einen falschen Seitenweg abzubiegen. Das Navi am Handy konnte aufgrund der fehlenden Internetverbindung keine Karte laden, das Handy stürzte zuerst im elektronischen, dann auch noch im physischen Sinne ab. Zum Glück hatte ich als Backup noch einen Kartenausdruck mit und konnte mich wieder auf den rechten Weg bringen.

 

Spätestens jetzt war ich mir sicher, dass ich es zeitmäßig nicht bis zum Almsee hinunter schaffen würde. Schlimmstenfalls würde ich gerade den Übergang schaffen, aber keine einzige Umrundung. Ich beschloss nun, einfach die Forststraße weiter zu laufen und nach gut einer Stunde an einem markanten Punkt umzudrehen.

 

Trotz Kletterpartie zu Beginn ging das Laufen recht locker von sich. Nachdem ich den Stress mit der zweiten Seenumrundung abgeschüttelt hatte, kam schön langsam der Genuss des Laufens wieder auf. Bald erreichte ich die Abzweigung der Forststraße durch das Weißeneggtal, wo ich ursprünglich vom Almsee wieder zurückkommen wollte. Ein Blick auf die Uhr zeigte mir erstens, dass ich sie irgendwann irrtümlich ausgeschaltet hatte, was mir aber relativ egal war, da ich nur die eigentliche Seenrunde genau messen wollte, und zweitens, dass ich noch ein Stück weiter laufen konnte. Als dann der Wanderweg beim nächsten Graben wieder steil nach unten führte entschloss ich, diese Kletterpartie jetzt sein zu lassen und umzudrehen.

 

Jetzt war mir auch klar, warum das Laufen so locker gegangen war, denn erst beim Umdrehen merkte ich, wie viele Höhenmeter ich schon wieder verloren hatte. Im leichten Nieselregen trabte ich jetzt wieder nach oben, verirrte mich diesmal zwar nicht, fand aber auch den Trinkbrunnen nicht, der in der Karte vermerkt war und den ich mir eigentlich als Nachfüllstation erhofft hatte.

 

Als es bergab ging zog ich mir die Jacke wieder an und es wurde mir wohlig warm. Sehr vorsichtig lief ich den Steig hinunter, einen Fehltritt durfte ich mir hier nicht erlauben, der hätte unweigerlich irgendwo im Graben geendet. Ich verbiss mich in meine Oberlippe, etwas was ich immer mache, wenn ich mich voll konzentriere.

Offensee

 

Unten angekommen lief ich die Runde um den Offensee weiter und genoss wieder die schönen Blicke auf den See. Am Nordufer kam ich am ehemaligen Jagdschloss Kaiser Franz Josephs I. vorbei. Der Kaiser verbrachte ja 83 von 86 Sommern seiner Lebenszeit in Bad Ischl. Sein liebstes und einziges Hobby war die Jagd, rund 55.000 Stück Wild soll er im Laufe seines Lebens geschossen haben, was einem beachtlichen Schnitt von 1,75 Tiere pro Tag entspricht, Kindheit und Krankenstand mit eingerechnet. Und weil die Anreise von Bad Ischl zu den Jagdrevieren so weit war, ließ er sich hier und auch am nahen Langbathsee gleich Jagdschlösser errichten. Aber ich schweife ab.

 

Bald erreichte ich die Straße und folgte ihr wieder bis zum Parkplatz. Jetzt war ich viel zu früh da. Ich trank einmal ordentlich, legte die ganze unnötige Ausrüstung ab und beschloss noch eine Runde um den See anzuhängen, diesmal ohne Pausen und offiziell gestoppt. Danach hatte ich zumindest das Vorhaben, ca. drei Stunden Bewegung an der frischen Luft, erreicht, auch wenn mir der ganze Laufausflug nicht die erhofften 30 km gebracht hatte. Dafür hatte ich mit 863 hm so viel wie noch nie in einem Lauf. Ich glaube, als Longjog geht das zur Not auch durch.

 

Zum Glück gab es am Abend Buffet, denn Energiereserven hatte ich nun genug nachzufüllen.

 

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