Gumpendorfer Brauhaus

November 2015

 

Begeben wir uns nun in die Nähe eines anderen FLAK-Turmes in Wien, jenem im Esterhazypark, und kommen so zum ehemaligen Gumpendorfer Brauhaus (Gumpendorfer Straße 70). Dieses schloss schon ein bisschen früher als das Neulingsche Brauhaus, nämlich zu Beginn des großen Brauereisterbens Mitte des 19. Jahrhunderts, um 1841. Die Geschichte geht aber viel weiter zurück.

 

Manche Quellen sprechen von einem Gründungsjahr 1529, also nach der Ersten Türkenbelagerung Wiens. Demnach existierte hier ein Frauenkloster und die Brauerei wäre somit eine Klosterbrauerei gewesen. Dies ist jedoch nicht gesichert. Allgemein wird davon ausgegangen, dass die Brauerei 1680 entstand. Nur drei Jahre später wurde sie bei der Zweiten Türkenbelagerung Wiens, wie das gesamte Gumpendorf, zerstört und 1886 wieder in Betrieb genommen.

 

Leopold Wilhelm Graf von Königsegg-Rothenfels
Leopold Wilhelm Graf von Königsegg-Rothenfels , Quelle: Wikimedia Commons

1688 kaufte Leopold Wilhelm Graf von Königsegg-Rothenfels die Grundstücke zwischen der heutigen Gumpendorfer Straße 66-76, Schmalzhofgasse 1-3, Otto-Bauer-Gasse, Königsegggasse und Esterházygasse und damit auch die Brauerei. Die Familie Königsegg stammte ursprünglich aus Schwaben und war auch dort mit Bierbrauen befasst. Mit dem Walder Bräu und der Schlossbrauerei Aulendorf bestehen heute noch zwei ehemalige Königeggsche Brauereien. Der Graf ließ nun auf seinen Gründen ein Palais mit prunkvollem Lustgarten, sowie eine Kapelle errichten.

 

Leopold war nicht nur Brauherr, er brachte es auch zum Reichsvizekanzler des Heiligen Römischen Reiches. 1694 starb er und sein Sohn Joseph Lothar Dominik Graf von Königsegg-Rothenfels übernahm das Palais und damit auch das Brauhaus. Joseph wurde Feldmarschall und Präsident des österreichischen Hofkriegsrates, also sowas wie Verteidigungsminister. Als Zar Peter der Große während seiner großen Europarundreise 1698 auch nach Wien kam, residierte er im Palais Königsegg und da der Zar gerne Bier trank, genoss er wohl auch das im Gumpendorfer Brauhaus hergestellte Getränk.

 

Joseph starb 1751. Maria Theresia kaufte 1754 das Gelände und richtete darin ein Militärspital sowie einen k. u. k. Ingenieurschule ein, welche 1760 zur Militärakademie erhoben wurde. Josef II. machte daraus 1785 die Gumpendorfer Kaserne, was für den Betrieb der Brauerei sicher nicht nachteilig war.

 

Sonst gibt es leider kaum noch Informationen über das Gumpendorfer Brauhaus. Als Braumeister ist lediglich um 1830 ein Georg Widter bekannt. Er war auch im Brauhaus Klein-Schwechat tätig und ist damit vermutlich mit Katherina Widter, der zweiten Ehefrau von Franz Anton Dreher, dem Begründer der Dreher-Dynastie, verwandt.

 

Hand-Atlas Wien, Vasquez 1830 (Ausschnitt)
Hand-Atlas Wien, Vasquez 1830 (Ausschnitt), Quelle: Wienbibliothek im Rathaus, www.digital.wienbibiothek.at
Palais Königsegg als Zinshaus
Palais Königsegg als Zinshaus, Quelle: www.planet-vienna.com

1841 kaufte der Wiener Magistrat das Areal. Die Brauerei wurde geschlossen, das Gelände parzelliert und neu verbaut. Das Palais Ecke Gumpendorfer Straße/Esterházygasse wurde in ein Zinshaus umgewandelt und 1886 abgerissen. Die Kaserne blieb noch bis 1902 in Betrieb, danach wurde auch dieser Grund neu bebaut, womit wieder einmal (fast) alle Spuren ausgemerzt worden sind.

 

Das Besichtigungsprogramm beginnt an der U3-Station Zieglergasse. Durch die Webgasse kommen wir in die Schmalzhofgasse, die an der Rückseite der Kaserne, damals auch Schmalzhofkaserne genannt, vorbeiführte. Wir gehen nach links und werfen einen kurzen Blick auf das letzte Haus vor dem Kasernenareal. Hier im Haus Nr. 5 (beziehungsweise im Vorgängerbau) versteckte sich 1809 Andreas Hofer, als er für Geheimgesprächen mit der österreichischen Regierung in Wien war. Da Hofer ja Wirt war (das Haus bekam nach seinem Aufenthalt den Namen „Zum Sandwirt“), können wir vermuten, dass auch er sich Bier der nahen Brauerei kommen ließ.

 

Exerzierplatz der Gumpendorfer Kaserne, heute Loquaiplatz
Exerzierplatz der Gumpendorfer Kaserne, heute Loquaiplatz, Foto: Bezirksmuseum Mariahilf, Quelle: www.menschenschreibengeschichte.at, Lizenz: CC BY-NC-ND 3.0

Das nächste Haus Nr. 3 steht bereits am ehemaligen Königeggschen Grund. Hier war bis zum unrühmlichen Ende in der Reichskristallnacht der Eingang zum Schmalzhof-tempel. Wir biegen rechts in die Hugo-Wolf-Gasse ab und kommen zum Loquaiplatz. Dieser heute dicht bewachsene Park war einmal Teil des Exerzierplatzes der Kaserne. Am Senioren-wohnheim Loquaiplatz 5 ist eine Erinnerungstafel für die ehemalige Synagoge angebracht.

Nun gehen wir die Königsegggasse, die nach Leopold Wilhelm Graf von Königsegg-Rothenfels benannt ist, weiter. Bei der Otto-Bauer-Gasse erreichen wir schließlich den Häuserblock, in dem früher die Brauerei stand. Das älteste Gebäude auf dem Areal ist das Haus Königsegggasse 5, das einzige, das noch von der Neubebauung des Braureigeländes übrig geblieben ist.

Nun biegen wir rechts in die Brauergasse und haben durch den Straßennamen doch noch ein Andenken an die Brauerei. Bis 1862 hieß sie Bräuhausgasse und ist somit eine der vielen, die nach der Eingemeindung der Vorstädte umbenannt werden musste. Am unteren Ende, am Haus Nr. 2, finden wir sogar, sehr vorbildlich, als Zusatz zum Straßenschild eine Erinnerungstafel an die Brauerei.

Nun kommen wir in die Gumpendorfer Straße. Links, an der Ecke zur Esterházygasse stand das Königseggpalais, davon ist aber nichts mehr zu sehen. Wir gehen nach rechts, auch hier ist nun seit kurzem, wie zuletzt beim Neulingschen Brauhaus, im Nachfolgebau ein Kaffeehaus (vorher „nur“ Frühstücksraum des dortigen Hotels) zu finden, da es aber hier kein Bier gibt und außerdem nicht bekannt ist, ob hier jemals auch ein Braugasthaus war, kehren wir diesmal nicht ein.

 

Wir kommen nun wieder zur Otto-Bauer-Gasse. An den Häusern Nr. 2 und 4 finden wir noch Hinweise auf den alten Namen Kasernengasse. Sie teilte einst die Königeggschen Gründe in links Kaserne und rechts Brauerei. Otto Bauer, einer der Wegbereiter der Sozialdemokratie, wohnte übrigens im Haus Nr. 2, also auch am Brauereigelände, irgendwie lustig, da er selbst keinen Alkohol trank.

Als geeignetes Lokal zur Erinnerung an die Brauerei erscheint das Bauernbräu im, Achtung Wortwitz, Arik-Brauer-Haus Gumpendorfer Straße 134. Dazu müssen wir aber noch ca. 1 km die Gumpendorfer Straße hinauf gehen. Arik Brauer hat nicht nur das nach ihm benannte Haus entworfen, er hat auch tatsächlich einen Bezug zum Bier. 2013 wurde von ihm in der Braucommune Freistadt ein Glasfries im Sudhaus, sowie ein Brunnen gestaltet.

 

Am Weg zum Brauerhaus kommen wir auch noch an der Gumpendorfer Pfarrkirche Sankt Aegidius vorbei, für deren Instandsetzung nach der Zweiten Türkenbelagerung übrigens Leopold Wilhelm Graf von Königsegg-Rothenfels Geld stiftete. Im Bauernbräu wird zwar nicht gebraut, das Bier stammt aber aus der familieneigenen Brauerei Gratzer aus Kaindorf bei Hartberg. Und aus gegebenem Anlass wird von den vortrefflichen Bieren vor allem die „Spezielle Trude“ verkostet.