Im April dieses Jahres haben wir in unserem Bier Jour fixe davon gesprochen, dass das Brauhaus vor dem Widmertor das erste Wiener Brauhaus war. Damit könnten wir es auch bewenden lassen, aus gutem Grund (dazu dann wieder zum Schluss) möchte ich jetzt aber noch kurz auf die allerersten Spuren der Bierbrauerei in Wien an sich eingehen.
Außen vor lasse ich jetzt einmal die „Hausbrauereien“, denn im Mittelalter wurde vermutlich nahezu in jedem Haus gebraut. Ich beschränke mich daher auf die ältesten „gewerblichen“ Bierbrauer, die in die Geschichtsschreibung Eingang gefunden haben.
1233 wurde ein Otto Prew als Zeuge in einer Urkunde des Schottenstifts genannt und man nimmt an, dass sein Familienname einen Hinweis auf seinen Beruf gibt. Er ist wohl der älteste bekannte Bierbrauer in Wien. Es gibt danach noch weitere derartige Nennungen in verschiedenen Dokumenten, die ich aber hier weder belegen kann, noch sind die dazugehörigen Braustätten in irgendeiner Weise zu lokalisieren.
Eine auch im Internet nachlesbare Urkunde aus 1401 nennt jedoch „Preuer von der Herren Alsse“ und deren Braustätte ist vielleicht die älteste bekannte, die zumindest einigermaßen geographisch zu verorten ist. Die Als (auch Alserbach) ist neben der Wien der längste Wienerwalbach. Die erste urkundliche Erwähnung eines Ortes an der Als stammt aus 1044.
1135 wurden die Brüder Diepoldus und Nendingus von Alse mit der Grundherrschaft beliehen. Von den Herren von Als leitet sich auch der Bezirksname Hernals ab. Ein Vertreter dieses Herrschergeschlechts, Ortliebus von Als, hielt sich längere Zeit in Konstantinopel auf, weshalb die Familie später auch den Beinamen „Griechen von Als“ führte, ehe sie 1395 ausstarb.
Hier nun wieder ein Versuch einer Auflistung der Grundherren:
ab 1135 | Diepoldus und Nendingus von Alse |
danach | Heinrich von Alse |
um 1230 | Rüdiger von Als |
um 1290 | Ortliebus Graecus de Als |
danach | Hainricus dictus Graecus de Als, sein Sohn |
ab 1307 | Niclas Grecus miles de Als, sein Sohn |
danach | Heinrich von Als, sein Sohn |
danach | Hans der Grieche auf Als, sein Bruder (?) |
um 1358 | Gottfried und Ulrich die Griechen von Als |
ab 1395 | Sigmund von Rogendorf |
ab 1473 | Caspar von Rogendorf, sein Sohn |
ab 1506 | Wilhelm Freiherr von Rogendorf, sein Sohn |
ab 1515 | Hans Geyer zu Osterburg, durch Kauf |
ab 1525 | Hektor Geyer zu Osterburg, sein Sohn |
ab 1578 | Ferdinand Geyer zu Osterburg, sein Großneffe |
ab 1587 | Wolfgang V. Jörger zu Tollet, durch Kauf |
ab 1614 | Helmhard IX. Jörger zu Tollet, sein Sohn |
Im Zuge der Gegenreformation wurden die Jörger 1622 als Protestanten des Landes verwiesen und ihr Herrschaftssitz fiel an das Domkapitel von Sankt Stephan. Spätestens jetzt würde ich sagen, dass es keine Herren von Als mehr gab. In welcher Zeit der Herrschaft es tatsächlich auch Preuer von der Herren Alsse gab, bleibt der jeweiligen Phantasie überlassen.
Der Herrschaftssitz kann im Bereich des heutigen Häuserblocks Kalvarienberggasse/Sankt-Bartholomäus-Platz/Kindermanngasse/Elterleinplatz verortet werden, irgendwo hier ist vermutlich auch gebraut worden. Mehr als diesen Ort zu begehen ist heute nicht mehr zu tun. Spuren der Braustätte gibt es sowieso keine, aber auch vom Schloss ist nichts mehr zu sehen.
Selbst die Als verläuft seit 1878 auch im Bereich des Elterleinplatzes unterirdisch. Im Bezirksmuseum Hernals, das schräg vis-a-vis des früheren Standortes des Schlosses, im Haus Hernalser
Hauptstraße 72-74 unter-gebracht ist, sind Modelle der Schlossanlage in der wechselvollen Geschichte von 1200 bis 1850 dargestellt. Gezeigt werden sollen sie hier nicht, ist es doch Wunsch der
umtriebigen Museumsleitung, die Menschen in die Ausstellung zu bringen. Hinweise auf die seinerzeitige Braustätte finden sich aber ohnedies keine.
Dass gleich neben dem einstigen Schlossstandort der bekannte Hernalser Kalvarienberg liegt, ist auch dem Umstand geschuldet, dass nach Vertreibung der Jörger 1639 ein Kreuzweg von Sankt Stephan
hierher eingerichtet wurde, um den Machtanspruch der Katholischen Kirche wieder zu manifestieren.
Nach Diepoldus de Alse sind der Hernalser Diepoldplatz bzw. der Diepoldpark benannt, die sich gut einen halben Kilometer nördlich des ehemaligen Schlossstandortes befinden. Ortliebus de Als ist der Namensgeber des Ortliebparks, der im Hinterhof des Häuserblocks, der stadtauswärts direkt an das Schloss anschließt, errichtet wurde.
Die rund 800 m nordwestlich des Herrschaftssitzes gelegene Roggendorfgasse erinnert an Wilhelm Freiherr von Rogendorf, aber nicht weil er mutmaßlich Brauereibesitzer war, sondern weil er sich bei der Ersten Türkenbelagerung Wiens 1529 seine Meriten verdiente.
Auch die vom Gürtel bis zum Schloss führende Jörgerstraße ist streng genommen nicht nach dem in Ungnade gefallenen letzten Grundherrn benannt, sondern nach Johann Quentin I. von Jörger, seinem Großneffen 3. Grades, der, wieder zum Katholizismus konvertiert, als Statthalter (= Landeshauptmann) von Niederösterreich unter anderem 1688 in Wien die Straßenbeleuchtung einführte. Ein Wandbild am Haus Jörgerstraße 9 erinnert an diese Begebenheit.
Auch wenn nicht klar ist, ob die Jörger auch noch Brauherren in Hernals waren, einen bierigen Bezug gibt es dennoch. Der Stammsitz der Jörger, das Schloss Tollet, liegt sozusagen in einem Vorort von Grieskirchen und die Brauerei Grieskirchen verwendet heute den Namen des Adelsgeschlechts für ihre Weißbiere.
Unsere heutige Geschichte wurde nur deshalb von mir eingestreut, um wieder einen Grund zu haben, zu den Braukultur-Wochen der Ottakringer Brauerei zu pilgern. Der vermutete Braustandort der Preuer von der Herren Alsse ist nur knapp einen Kilometer von der Ottakringer Brauerei entfernt. Wenn wir auf dem Weg dorthin durch die, nach einem der Herren von Als benannte Ortliebgasse gehen, kommen wir auch wieder an der vor einem Jahr besuchten zweiten historischen Brauerei des Bezirks, der Hernalser Brauerei, vorbei.
Quellen
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Bier
https://de.wikipedia.org/wiki/Grut_(Bier)
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Brauh%C3%A4user
http://monasterium.net/mom/AT-StiAScho/SchottenOSB/1233/charter
http://monasterium.net/mom/AT-WStLA/HAUrk/1490/charter
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hernalser_Brauhaus
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Als
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hernals_(Vorort)
https://de.wikipedia.org/wiki/Hernals_(Wiener_Bezirksteil)
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Diepoldplatz
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Diepoldpark
https://books.google.de/books?id=KilRAAAAcAAJ&pg=PA70&dq=ortliebus
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Ortliebgasse
https://books.google.at/books?id=VrwAAAAAcAAJ&pg=PA249&dq=Als
https://books.google.at/books?id=TOQjKt-ml40C&pg=PA210&lpg=PA210&dq=alse
https://www.meinbezirk.at/hernals/lokales/ortliebpark-bekommt-eine-jungkur-d1694469.html
https://de.wikipedia.org/wiki/Roggendorf_(Adelsgeschlecht)
https://de.wikisource.org/wiki/BLK%C3%96:Rogendorf,_die_Herren_und_Grafen_von,_Stammtafel
http://www.morganlefay.ca/CD/Windsor%20tree/INDIs46/II23423.html
http://www.morganlefay.ca/CD/Windsor%20tree/INDIs35/II18106.html
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Herrengasse_11
http://www.morganlefay.ca/CD/Windsor%20tree/INDIs27/II13916.html
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Roggendorfgasse
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hans_Geyer
https://de.wikipedia.org/wiki/Stammliste_der_Geyer_von_Geyersperg
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/J%C3%B6rger
http://www.breitwieser.cc/gemeinden/gemtollet-joerger.htm
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Hernalser_Kirche
https://de.wikisource.org/wiki/BLK%C3%96:J%C3%B6rger_zu_Tollet,_das_Grafengeschlecht,_Genealogie
https://de.wikisource.org/wiki/BLK%C3%96:J%C3%B6rger,_Johann_Quentin_(I.)_Graf_von
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/J%C3%B6rgerstra%C3%9Fe
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Johann_Quentin_I._von_J%C3%B6rger
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%B6rger_von_Tollet
https://austria-forum.org/af/Bilder_und_Videos/Bilder_Wien/1170/3195
https://issuu.com/joesyrozsnyai/docs/gastro_04_lowres/52
http://www.bezirksmuseum.at/de/bezirksmuseum_17/bezirksmuseum/
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