Kaiserebersdorfer Brauhaus

Juni 2015

 

Noch einmal wollen wir eine sommerliche Stadtrandwanderung unternehmen. Diesmal sind wir wieder weit zurück in der Geschichte angekommen. Trotzdem werden wir noch ein paar interessante Spuren der Brauerei finden.

 

Der Ursprung des Kaiserebersdorfer Brauhauses (Mailergasse 5) war eine herrschaftliche Brauerei der Herren von Ebersdorf. Die Herrschaft Ebersdorf entstand als die Herren von Hintperg (Himberg) 1243 ihr Lehen abgeben mussten und in ein „vestes Haus“ im „Dorf, wo einst der Eber hauste" (Kaiserebersdorfer Schloss) zogen. Vermutlich wurde bereits ab 1470 in der Mailergasse gebraut, womit die Brauerei die älteste Wiens ist, deren Spuren zumindest noch bis ins 19. Jahrhundert reichten.

 

1499 mussten die Ebersdorfer ihren Besitz an die Habsburger abgeben und Ebersdorf wurde zu Kaiserebersdorf. Die einzelnen Eigentümer der Herrschaft, die damit auch Brauherren waren, aufzuzählen bringt jetzt relativ wenig, da ihre Verbundenheit mit der Brauerei durch nichts nachgewiesen ist. Erwähnenswerter ist da schon eher, dass 1552 Maximilian II. im Kaiserebersdorfer Schloss die erste Menagerie Europas mit Löwen, Tigern, Giraffen und einem Elefanten einrichtete. Die Menagerie übersiedelte über Schloss Neugebäude nach Schönbrunn. Somit war Kaiserebersdorf die Keimzelle des ältesten noch bestehenden Tiergartens der Welt.

 

1670 übernahm der kaiserliche Grundbuchsverwalter Michael Müller von Mühlberg die Brauerei. Seither wurde das Gelände Mühlberghof genannt. 1685 kaufte Reichspostmeister Graf von Thurn-Valsassina das nach der Zweiten Türkenbelagerung ramponierte Gebäude. 1716 erwarb dessen Braumeister Johann Georg Uhl das Brauhaus. Unter ihm erlebte die Brauerei eine Blütezeit. Anfang des 19. Jahrhunderts war sie eine der größten des Landes, womit wohl die damalige Habsburgermonarchie gemeint ist.

 

Malzfabrik (ehemaliges Brauhaus) um 1916
Malzfabrik um 1916, Quelle: Austria-Forum - http://austria-forum.org, rote Kennzeichnung eigene Hervorhebung

Uhls Erben (darunter auch eine Elisabeth Müller) verkauften 1868 das Areal an den Hotelier Bernhard Stipperger, der daraufhin die Brauerei stilllegte. Damit wurde auch diese Brauerei ein paar Jahre vor der Eingemeindung (1892) geschlossen und war somit streng genommen nie eine Wiener Brauerei. Die Mälzerei wurde an die Drehers in Schwechat verpachtet, später wurde daraus die Mälzerei Anton Iritzer (ein Neffe Jakob Kuffners aus Oberdöbling), die bis 1926 bestand (am obigen Stadtplan Wien zu sehen, wenn der Generalstadtplan 1912 eingeblendet wird). Auch ein Wirtshaus Josef Zeug ist an der Adresse nachgewiesen.

 

Fotos des ehemaligen Kaiserebersdorfer Brauhauses um 1910 finden sich im Buch Kaiserebersdorf von Petra Leban. Am 16. August 1926 schließlich wurde das Brauereigebäude abgerissen. Nur Reste blieben erhalten, die wir nun suchen wollen.

 

Ausgangspunkt bildet die Endstelle der Straßenbahnlinie 6 in Kaiserebersdorf. Wir überqueren die Etrichstraße und nähern uns dem Kaiserebersdorfer Schloss, dem Wohnsitz der ersten Brauherren. Eine Besichtigung des Schlosses ist nur noch „unter ungünstigen Umständen möglich“ (© Der Standard), ist im ehemalige Herrensitz heute doch die Justizanstalt Wien-Simmering untergebracht.

Vis-a-vis steht der Gemeindebau Stefan-Achatz-Hof. Innerhalb der Anlage (an der Wand hinter der Stiege 5) ist ein Mosaik von Anton Krejcar zu finden, welches an den erwähnten Elefanten Maximilians II. erinnert. Wir überqueren nun den Münnichplatz und machen einen kurzen Abstecher zum Beginn der Zwicklgasse (leider keine Verbindung mit dem unfiltriertem Bier), wo sich der Thürnlhof befindet. Dieser gehörte einst dem Koch Ferdinands I., dem Vorgänger Maximilians II. im Kaiserebersdorfer Schloss. Hier hatte Napoleon während der Schlacht bei Aspern 1809 sein Hauptquartier. Heute ist darin ein Restaurant untergebracht.

Straßenschild Dreherstraße

Wir gehen hinter der Kirche wieder zurück, biegen lins ab und kommen in die Dreherstraße, benannt nach Anton Dreher sen., dem Abnehmer der Produkte der Mälzerei. Gleich biegen wir nach rechts, folgen der Valiergasse, kreuzen wieder die Etrichstraße und gehen die Paulasgasse weiter. Nun treffen wir auf die Mailergasse und sind somit an der Rückseite des Brauereigeländes.

 

Die Mailergasse war bis 1894 eine von zwölf Bräuhausgassen im Gebiet des heutigen Wiens, die wohl durch die Eingemeindung der Vorstädte umbenannt werden mussten. Heute ist die Mailergasse in diesem Teil eine Fußgängerzone, zu Zeiten der Brauerei gab es hier wohl noch keinen Eingang, wurde die Paulasgasse doch erst 1996 angelegt. Die Mauer rechts könnte also noch eine Begrenzung des ehemaligen Areals sein.

 

Das erste Gebäude auf der linken Seite ist nun die erhalten gebliebene Malzfabrik. Der Umbau in eine Wohnanlage ist (zum Glück) nicht vollständig abgeschlossen und so sind noch etliche Originalstrukturen erkennbar. Etwa ist ein Eingangsbereich erhalten, durch gebrochene Scheiben sieht man in alte Gewölbe. An der nördlichen Hauswand ist die Aufschrift „Hubertushof“ zu sehen, was genau aber der Hubertushof war, ist für mich nicht in Erfahrung zu bringen.

Das nächste Haus auf der linken Seite (Mailergasse 12) ist das ehemalige Wohnhaus des Braumeisters. Hier starb, wie auch auf einer Erinnerungstafel nachzulesen ist, Marschall Jean Lannes, der Oberbefehlshaber in der Schlacht bei Aspern war und dabei schwer verwundet wurde. Er war der engste Vertraute Napoleons, der ihn hier auch dreimal besucht hatte. Möglicherweise nahm Napoleon dabei denselben Weg den wir soeben von seinem Quartier hierher zurückgelegt hatten. Die Tatsache, dass der sterbende General in der Brauerei einquartiert wurde, deutet wohl darauf hin, dass das Brauherrenhaus eines der besten Häuser im Ort war. Passenderweise findet unser Besuch auch auf den Tag genau 200 Jahre nach der Schlacht bei Waterloo statt, die Napoleons Schicksal endgültig besiegelte.

 

Für uns interessanter ist aber der Schlussstein über dem Torbogen des Hauses, der die Initialen des Braumeisters Johann Georg Uhl „IGU“, die Jahreszahl 1758 sowie zwei gekreuzte Malzschaufeln als Brauerzeichen trägt.

Das nächste Haus Mailergasse 10 ist nicht ganz so alt wie die Brauerei, war aber einmal der Trockenboden der Mälzerei. In ihm ist heute der Turnverein Kaiserebersdorf untergebracht. Interessant ist auch die Gebäudefront auf der anderen Seite in der Mühlsangergasse, die so gar nicht in die nunmehrige Einfamilienhausverbauung passt.

Wir wenden uns jetzt auf die andere Straßenseite der Mailergasse und sehen mit dem Haus Nr. 5 den Rest des Brauereigebäudes. Vor ein paar Monaten wurde dieses Haus noch zum Verkauf angeboten, nachdem die Veräußerung offensichtlich positiv verlief, ist aber das diesbezügliche Inserat (samt Fotos) leider nicht mehr im Netz zu finden. Zur Bestandszeit zog sich dieser Takt weiter über das Areal der nunmehrigen Hausnummern 7-9. Dazwischen ist nun die Schildgasse angelegt, die ein paar ländliche Einblicke von der Rückseite der ehemaligen Brauerei liefert.

Wir verlassen nun fiktiv durch den Haupteingang das Brauereigelände. In einem kleinen Grünstreifen Ecke Mailergasse/Kaiser-Ebersdorfer-Straße finden wir noch die Georgskapelle, die vom Braumeister Johann Georg Uhl gestiftet und auf seinen Namenspatron geweiht wurde. Auch hier sehen wir wieder die Initialen „IGV“, eine Jahreszahl (1763) und die gekreuzten Malzschaufeln. Die Kapelle steht allerdings nicht mehr am Originalstandplatz, sie musste 1912 der Linienführung der ehemaligen Straßenbahnlinie 73 weichen.

Straßenschild Hintperggasse

Durch den Grünstreifen kommen wir zu einem verbliebenen Rumpf der Hintperggasse, die nach dem Ursprungssitz der Herren von Ebersdorf benannt ist. Wir wenden uns nach links und finden auf der anderen Straßenseite der Kaiser-Ebersdorfer-Straße das Lokal Hopfen & Malz, dessen lauschiger Gastgarten den würdigen Abschluss der Besichtigung bilden soll. Im Logo sehen wir wieder den Kaiserebersdorfer Elefanten. Auf der Karte findet sich zwar als Hausbier ein Kaiserebersdorfer Zwickl, das aber naheliegender Weise nicht mehr im Ort, sondern in Puntigam gebraut wird.