Gutsbrauerei Kettenhof

September 2017

 

Weil ich nun mal die Brauereistandorte in Schwechat (und Rannersdorf) auch den Wiener Brauereien zurechne, wollen wir heute zur Vervollständigung des Bildes einen Ort aufsuchen, wo zumindest möglicherweise auch gebraut wurde. Der Besuch hat daher eher weniger brauhistorische Gründe, kann aber dennoch empfohlen werden, wie wir dann wieder zum Schluss sehen werden. Und einige alte Bekannte treffen wir hier auch wieder.

 

Die Herrschaft Kettenhof ist zumindest ab 1270 nachweisbar und stand im Besitz der Herren von Hintperg (Himberg) beziehungsweise der Herrn von Ebersdorf. Damit haben wir einmal eine Beziehung zum Kaiserebersdorfer Brauhaus. Der Name leitet sich entweder von einer reichen Wiener Bürgerfamilie Kettner, oder, was mir wahrscheinlicher erscheint, von einer Reihe (Kette) von Häusern, die an den Hof anschlossen, ab.


Ab 1579 finden sich sozusagen private Besitzer des Gutshofes:

ab 1579
danach
danach
danach
ab 1638
danach
danach
ab 1677

Caspar Püchler
Anna Püchler, seine Frau
Leonhard Freiherr von Puechheim, ihr zweiter Mann
Sophie von Schwendi, ihre Tochter
Cäsar de Vecci durch Kauf
Cäcilia Anna de Vecci, seine Frau
der Dominikanerorden durch Kauf
Michael von Mühlberg durch Kauf



Der Wiener Dominikanerorden war auch Besitzer des Wallhofes, auf dessen Grundbesitz später das Brauhaus der Stadt Wien entstand. Michael von Mühlberg kennen wir bereits als Besitzer des Kaisererbersdorfer Brauhauses.

 

1683 soll im Taufbuch der Pfarre Schwechat ein Martinus Tobelanger als Bierbrauer und Leitgeb (Wirt) am Gut Kettenhof aufscheinen. Ob dieser nun tatsächlich am Gutshof gewirkt hat, oder nur vor den Zerstörungen im Kaiserebersdorfer Brauhaus im Zuge der im gleichen Jahr stattgefundenen Zweiten Türkenbelagerung dorthin geflüchtet ist, sei dahingestellt. Im Sinne der Entdeckung einer weiteren Braustätte wollen wir aber Ersteres annehmen. Damit haben wir aber auch schon alle Hinweise auf eine Brautätigkeit im Gut Kettenhof abgearbeitet.

 

Die weitere Geschichte der Besitzer, die also möglicherweise zumindest eine Zeit lang auch Brauherren waren, liest sich so:

danach
danach
ab 1741
ab 1742
ab 1754
ab 1755
ab 1762
ab 1789
ab 1813

Maria Katharina von Mühlberg, Tochter von Michael
Otto Christoph Graf von Volkra, ihr Mann
Franz Joseph Graf von Wald durch Erbschaft
Rosalia Gräfin von Kery durch Tausch
Adam Graf von Kery durch „gerichtliche Zuerkennung“
Anna Christina Gräfin von Kery
Heinrich Kajetan Graf von Blümegen durch Kauf
Franz Heinrich Graf von Blümegen, sein Sohn
Josephine von Bellot und Eleonora Gräfin von Kalnoky, seine Schwestern


Heinrich Kajetan von Blümegen
Heinrich Kajetan von Blümegen, Quelle: Wikimedia Commons

Die beiden Grafen von Blümegen kennen wir schon als Besitzer der Brauerei (Klein-)Schwechat. Heinrich Kajetan von Blümegen gründete 1766 die Kettenhofer „Zitz- und Kattunfabrik“ (eine Baumwollweberei) die bald zum größten Arbeitgeber des Ortes werden sollte. Durch den starken Zuzug entstand um die Fabrik eine neue Siedlung Neu-Kettenhof.

 

Nachdem das Geschlecht der Blümegen kinderlos ausgestorben war, kauften 1814 die beiden Brüder Moritz und Philipp Jacob Grafen von Fries das Gut. Moritz von Fries war darüber hinaus Kunstmäzen und zu seiner Zeit reichster Mann der Monarchie. Trotzdem schaffte er es 1826 in Konkurs zu gehen. Ob, wenn überhaupt, zu Zeiten der Baumwollweberei noch gebraut wurde ist fraglich. Jedenfalls ist zumindest 1827 noch ein herrschaftliches Bierhaus, also ein Bierausschank, nachweisbar.

 

Moritz von Fries ca. 1805
Moritz von Fries ca. 1805, Quelle: Wikimedia Commons

Das Schloss Alt-Kettenhof erwarb danach der bisherige Fabrikdirektor Johann Ziegler, der es 1830 an Karl Mayer weiterverkaufte. Ab 1850 besaß der österreichische Außenminister Johann Bernhard von Rechberg das Schloss, bis es, wie wir schon gehört haben, 1872 Anton Dreher jun. erwarb und groß ausbauen ließ. Das Schloss blieb bis zum Anschluss in Besitz der Familie Dreher und wurde dann Reichsschulungsburg der Deutschen Arbeitsfront. Heute sind darin das Bezirksgericht Schwechat und eine Justizschule untergebracht.

 

1866 wurde die Textilfabrik von Franz Felmayer erworben, der darin eine Stoffdruckerei einrichtete, die erst 1967 geschlossen wurde. 1886 errichtete er gegenüber der Fabrik eine Gartenanlage in die die bestehenden Gebäude des Gutshofes integriert wurden. Das erhalten gebliebenen Ensemble ist heut im Besitz der Gemeinde Schwechat. Unter anderem ist heute dort Felmayer's Gastwirtschaft zu finden und ich will davon ausgehen, dass sie somit der örtliche Nachfolgebetrieb der Gutsbrauerei ist. Sie soll daher das Ziel unserer heutigen Exkursion sein.

 

Wir treffen uns dazu an der S-Bahn Station Schwechat. Wir verlassen den Bahnsteig am östlichen Ende und gehen durch die Möhringgasse. Nach Überquerung der Bruck Hainburger-Straße gelangen wir in die Ehrenbrunngasse.


Bei Hausnummer 5 sollten wir kurz inne halten. In dem Areal zur Wismayrstraße stand vor dem Zweiten Weltkrieg die Feigen- und Malzkaffeefabrik von Eduard König. Unter russischer Besatzung wurde ab 1949 in einem sogenannten USIA-Betrieb hier kurzfristig Bier hergestellt. Nachdem die Russen 1955 abgezogen waren, blieb nur noch die Mälzerei bestehen, die eine Zeitlang für die Mohrenbrauerei in Dornbirn produzierte. Da die USIA-Brauerei in meiner Zeitrechnung geradezu modern anmutet, will ich hier nicht weiter darauf eingehen. Heute befinden sich hier eine Wohnhausanlage sowie die Dependance des Bundesgymnasiums Schwechat.

Wir biegen danach links in die Ehbrustergasse, wieder links in die Wismayrstraße und dann rechts in die Kellerbergstraße ein. Am Beginn der Straße finden wir linker Hand das so genannte Seriauerkreuz, ein Wegkreuz, das aus 1691 stammt und somit wahrscheinlich die Gutsbrauerei Kettenhof noch erlebt hat. Der Kellerberg hat seinen Namen nach der Vielzahl von Kellern, die hier in den Berg gegraben wurden und die vermutlich für alle jemals in der Gegend bestehenden Brauereien, vor allem aber für die Brauerei Schwechat, Verwendung fanden.

Wir wandern über den Kellerberg und kommen am anderen Ende in die Bergzeile, der wir bis zur Neukettenhofer Straße folgen. Hier haben wir nun endlich den Namen der Braustätte verewigt. Schräg vis-a-vis betreten wir den idyllischen Felmayergarten, den wir nun lustvoll durchwandeln.

Am Ende treffen wir auf Felmayer’s Gastwirtschaft. Hier befindet sich auch eine Station des Schwechater Kulturwanderweges, auf einer Schautafel wird auf die Geschichte des Ortes verwiesen. Über die Brauerei finden wir aber leider keine Hinweise. Je nach Wetter kann man nun entweder im lauschigen Biergarten oder in den historischen Räumlichkeiten sein wohlverdientes gepflegtes Bier genießen.

Wenn wir am Heimweg die Gastwirtschaft am anderen Ende wieder verlassen, sollten wir nicht verabsäumen, einen kurzen Blick durch die Schloßstraße zum Schloss Altkettenhof zu wagen, wo der legendäre Anton Dreher jun. seinen Lebensabend verbrachte.