Penzinger Brauerei

Mai 2016

 

Noch weniger Spuren als vom Gaudenzdorfer Brauhaus gibt es von der Penzinger Brauerei zu finden. Ehrlicher Weise muss man aber auch sagen, dass ihre Bedeutung sehr bescheiden war, sie nur rund 20 Jahre bestand und auch den kleinsten Bierausstoß der diesbezüglich erfassten Brauereien besaß. Schon allein den Standort ausfindig zu machen war schwierig und konnte erst nach einer Rückfrage im Bezirksmuseum Penzing bestätigt werden.

 

Die Penzinger Brauerei wurde 1840 an der heutigen Adresse Penzinger Straße 38 gegründet. Eigentümer und Brauer war ein Herr mit dem wohlklingenden Namen Lorenz Seidl. Der Brauerei war auch ein Gasthaus angeschlossen, wie wir aus der Beschreibung einer Bettlerhochzeit in den Memoiren des Schriftstellers Adolf Bäuerle erfahren:

 

Wenn man so lange auf einem Flecke sitzt, meinte mein Pathe, während wir uns nach unserem Zeiselwagen umsahen, wird man hungrig und durstig. Gehen wir in das Penzinger Brauhaus und erquicken wir uns dort. Der Bräuer läßt uns dann einspannen und wir kommen besser und schneller nach Hause. Wir gingen hin. Da gab es ein unerhörtes Gedränge. Hunderte von Menschen standen vor den Fenstern einer Gaststube und schauten hinein. Die Stube war sehr gut beleuchtet. Ein Luster und sechs Wandleuchter verbreiteten ein helles Licht; drei oder vier Musikanten machten einen Höllenlärm; in der Stube wurde getanzt, daß der Staub in Wolken aufflog.

 

Ist denn hier Kirchweih? fragte mein Vater. O nein! gab man ihm zur Antwort. Hier ist eine Bettlerhochzeit; die Leute welche hier essen, trinken, tanzen und jauchzen, sind lauter Bettelleute aus Wien. Ich kenne die meisten. [...]

 

Nun halt die Musik Raststunde, berichtete der Fremde weiter. Jetzt geben Sie einmal Acht. Die Tische wurden nun zusammengerückt und es wurde aufgetragen, daß sich die Tische bogen. — Was hab' ich gesagt? Es kommen ganze Berge von gebackenen Hühnern und dort sechs gebratene Gänse; in vollen Humpen wird Bier und Wein herumgegeben. [...]

 

Als wir die Bettlerhochzeit in Penzing hinreichend betrachtet hatten, dankten wir [dem] Herrn [...] für seine Mittheilungen und entfernten uns. Wir suchten ein anderes Wirthshaus auf. Nachdem wir dort weit schlechter gegessen und getrunken hatten, als die Bettler im Bräuhause, fuhren wir heim.

Wochenbulletin der Linzer Bühne 7. Mai 1858 Seite 2,  Quelle: ANNO/ÖNB

 

Als Höchstwert an Bierausstoß wird für 1850 lediglich 1.000 hl angegeben, was eine Versorgung, die kaum über das eigene Gasthaus hinausging, nahelegt. Vermutlich 1859 wurde die Brauerei schon wieder geschlossen. Lorenz Seidl starb 1860 an „Gehirnlähmung“ (Kinderlähmung?). Möglich ist aber auch, dass die Brauerei noch bis 1865 von Nachfolgern weiter betrieben wurde. Das Gasthaus blieb jedenfalls weiter bestehen, um 1930 ist noch ein Gastwirt Franz Pumpler an der Adresse nachweisbar. Der Bau wurde vermutlich im Zweiten Weltkrieg zerstört, und durch den Nachkriegsbau auf den Hausnummern 36-38 ersetzt. Von der Brauerei gibt es somit keinerlei Spuren mehr.

Gasthaus Franz Pumpler um 1900
Gasthaus Franz Pumpler um 1900, Quelle: www.buergmann.net

 

Um zur einstigen Braustätte zu gelangen treffen wir uns an der U4-Station Hietzing. Wir überqueren die Hadikgasse und gehen die Nisselgasse nach Norden. In der Penzinger Hauptstraße erreichen wir das historische Zentrum des Vorortes Penzing. Die hier stehende Rochuskapelle geht auf 1660 zurück, der heutige Bau wurde nach der Zweiten Türkenbelagerung 1683 errichtet und ist somit wesentlich älter als die Brauerei. Das vis-a-vis stehende Bezirksmuseum, das die wenigen wertvollen Hinweise für die Braustätte geliefert hat, ist in einem Gebäude aus 1873 untergebracht, dieses sah die Brauerei daher nie. Wir gehen nun die Penzinger Straße stadteinwärts. Die Häuser in Gehrichtung auf der linken Seite mit den Nummern 68, 66, 58, 56, 54, 48 und 46 standen auch schon alle zu Zeiten der Brauerei.

Wir erreichen nun bei der Hausnummer (36-)38, das Grundstück der ehemaligen Brauerei. Spuren gibt es freilich keine mehr zu finden, wir sehen nur den nüchternen Nachkriegsbau.

Lediglich das unmittelbar angrenzende sogenannte Töpfelhaus (Nr. 34), das aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts stammt, könnte noch von der Brauerei erzählen. Benannt ist es nach Alexander Matthias Töpfel, der 1842, also ungefähr zur Brauereigründung, dieses Haus erwarb. Er war auch ab 1861, also ungefähr zur Brauereischließung, erster Bürgermeister von Penzing.

Wir gehen wieder ein Stück stadtauswärts und biegen rechts in die Töpfelgasse ein, die ebenfalls nach dem einstigen Brauereinachbar benannt ist. Wenn wir gleich wieder rechts kurz in die Serravagasse schauen, sehen wir noch die Rückseite des ehemaligen Brauereigrundes.

Als passenden Ausklang bietet sich der Besuch der "1. Penzinger Gasthausbrauerei" Medl Bräu an. Sie liegt zwar nicht mehr im (Bezirksteil) Penzing sondern in Oberbaumgarten, scheint jedoch nicht nur dem Namen, sondern auch der Größe und Art des Lokals nach am ehesten mit der historischen Penzinger Brauerei vergleichbar. Um dorthin zu gelangen gehen wir über die Gurkgasse zur Linzer Straße und fahren mit der Straßenbahnlinie 52 sechs Stationen stadtauswärts. Das Medl Bräu wurde 1989 vom gelernten Fleischer und danach bei der Müllabfuhr beschäftigten Johann Medl gegründet, als er sich nach einem Lottogewinn diesen Jugendtraum erfüllen konnte. Das Medl Bräu existiert damit nun schon länger als das historische Vorbild und wir sehen seine Existenz jedenfalls auch als einen Glücksfall an.