Brauerei zum Sankt Georg

September 2016


Kommen wir nun zu jenem Unternehmen, durch dessen Einbringen in die Brauerei Schwechat AG (und durch dessen Stilllegung) es der Familie Mautner Markhof möglich war, die Aktienmehrheit in Schwechat zu übernehmen – der Brauerei zum Sankt Georg. Über die Anfänge der Familie Mautner Markhof in Wien haben wir ja schon in Sankt Marx gehört, heute wollen wir uns mit der sogenannten Georgslinie der Familie beschäftigen.

Georg I. Heinrich Mautner Ritter von Markhof war das sechste von zehn Kindern des Adolf Ignaz Mautner, der 1840 von Böhmen nach Wien kam und als Urahn der Familie gilt. Georg I. war zunächst Hausherr im Rosenhof, den wir schon bei unserer ersten Spurensuche in Simmering kennen gelernt haben. 1864 übersiedelte er mit der dortigen Presshefe- und Spiritusproduktion in ein neu gegründetes Werk in der Prager Straße 20 in Floridsdorf. 1872 erweiterte er gemeinsam mit seinem Schwager Otto Freiherr von Waechter den Betrieb um eine Malzfabrik, die unter „Waechter&Mautner“ firmierte. Damit kam er dem Bier schon etwas näher. Die Tochter Georgs I. und der Sohn Ottos waren übrigens die gemeinsamen Urgroßeltern des Schauspielers Alexander Waechter, der den Schwiegersohn von Mundl Sackbauer in der Serie „Ein echter Wiener geht nicht unter“ spielte. Der Spruch: „Mei Bier is net deppert!“, bekommt da gleich eine ganz andere Bedeutung.

Werbeplakat 1907,
Werbeplakat 1907, Copyright: Albertina, Quelle: kultur-pool.at, Lizenz: CC BY-NC-SA 3.0

Trotz innerfamiliärem Konkurrenz-verbots konnte es Georg I. schließlich nicht lassen und gründete 1893 an der Rückseite des Firmengeländes (Peitlgasse 2) seine eigene Bierbrauerei, der er den Namen „Brauerei zum Sankt Georg“ gab. Qualitatives Vorbild sollte das Pilsner Urquell werden, sein hochlöblicher Grundsatz war: „Es darf kein besseres Bier geben, als das unsrige.“ Diesem Anspruch konnte er, wie zahlreiche Auszeichnungen bewiesen, auch ziemlich nahe kommen. Aufgrund der überaus großen Beliebtheit der Biere stieg man innerhalb kurzer Zeit zur, nach Schwechat, Sankt Marx und Liesing, viertgrößten Wiener Brauerei auf. Ein Foto des Betriebs findet sich im Buch Wien-Floridsdorf von Franz Uhlir.


Georg I. war wie viele seiner Verwandten in mehrfacher Weise wohltätig und wurde auch Ehrenbürger Floridsdorfs. 1904 starb Georg I. und das Unternehmen ging an zwei seiner Söhne, Theodor und Georg II. Anton, über. 1913, nach der Übernahme der Brauerei Sankt Marx durch Schwechat, wurde Georg II. Oberhaupt der Familie Mautner Markhof. 1933 wurde im 1. Bezirk in der Habsburgergasse 6-8 das St. Georgs Bierhaus eröffnet.

St. Georgs Bierhaus 1933
St. Georgs Bierhaus 1933, Das interessante Blatt 16. Februar 1933 Seite 18, Quelle: ANNO/ÖNB

1934 starb Georg II. und seine Söhne Georg III. Heinrich und Gustav übernahmen seinen Anteil. Auch Theodor zog sich aus dem Unternehmen zurück und übergab an seine Söhne Gerhard und Manfred, der später den Wiederaufbau in Schwechat leitete. Diese vier Mautner Markhofs der vierten Generation bildeten den sogenannten Viererzug und leiteten nun das Familienimperium.

 

1936 vollzog Georg III., wie berichtet, die Übernahme der Aktienmehrheit der Brauerei Schwechat AG, in dessen Zug zum Leidwesen der anderen Führungsmitglieder, die Brauerei zum Sankt Georg geschlossen werden musste. Damit endete nach nur 43 Jahren die Geschichte dieses stolzen Brauhauses, was ich nicht nur angesichts der Nähe zu meinem Wohnort, sondern auch aufgrund der Qualitätsansprüche der Brauherren sehr bedaure.

Im zweiten Weltkrieg waren auch auf dem Mautner Markhofschen Firmengelände Zwangsarbeiter inhaftiert. Zum Ende des Krieges wurde das Areal großteils zerstört und die Baureste 1955 abgetragen.

Wir beginnen unsere Spurensuche an der Haltestelle Nordbrücke der Straßenbahnlinie 26. Hinter einer Mauer auf der stadtauswärts gesehen rechten Straßenseite sehen wir gleich einen großen Garten, in dem ein Herrenhaus steht. Dieses war der erste Wohnsitz der Georgslinie in Floridsdorf, der damals noch direkt auf dem Firmengelände der Presshefe- und Spiritusfabrik lag. Heute ist darin der Verein Wiener Jugendzentren untergebracht.

Gehen wir nun ein Stück stadteinwärts, so kommen wir an der Prager Straße 18 bzw. Gerichtsgasse 1 zum Georg-Weissel-Hof, der am Standort der ehemaligen Malzfabrik errichtet wurde. Benannt ist er nach einem Schutzbundführer, der in der nahen Hauptfeuerwache in der Weisselgasse 3 kämpfte und 1934 zum Tod verurteilt wurde. Sein Denkmal findet sich auf dem kleinen Vorplatz in der Prager Straße. Interessant ist diese Anlage auch, weil hier noch ein Relikt aus dem Zweiten Weltkrieg zu finden ist. Zwischen den Bauteilen Gerichtsgasse 1A und 1B steht ein nicht ganz fertiggestellter Hochbunker, der vermutlich von den am Firmengelände einquartierten Zwangsarbeitern errichtet wurde.

Wir gehen nun durch das ehemalige Areal der Malzfabrik weiter, bis wir zum Rudolf-Schön-Weg kommen und den Bereich der Brauerei zum Sankt Georg betreten. Rechts befindet sich heute der Karl-Heinz-Hof, links eine Neue Mittelschule. In der Peitlgasse fällt zunächst der gegenüberliegende unter Denkmalschutz stehende Straßenbahnbetriebsbahnhof aus 1898 auf. Wir biegen links ein und treffen, nachdem wir an der Schule und deren Sportanlage vorbei sind, auf eine untergliederte Ziegelmauer, die die letzte erhalten gebliebene Spur der Brauerei ist. Hinter der Mauer lässt sich ein Park vermuten, der Bereich ist jedoch ein nicht zugängliches Brunnenschutzgebiet.

Wir kommen zur Kreuzung mit der Gebauergasse, die noch bis 1967 Mautner‑Markhof-Gasse hieß. Hier verlief bis 1959 die Nordwestbahn, ehe sie auf die Stammstrecke über den Bahnhof Floridsdorf umgelegt wurde und die Trasse für die Nordbrücke und deren Autobahnverlängerung freigegeben wurde. An die Bahnlinie erinnern noch die Straßennamen „Bahnsteggasse“ und „Am Nordwestbahnhof“. Wir spazieren die Gebauergasse an der Brauerei- bzw. Spiritusfabriksmauer entlang weiter, bis wir wieder zur Prager Straße kommen und die Begehung des Firmenareals abgeschlossen haben.

Wir gehen nun unter der Autobahnbrücke durch und überqueren an der Kreuzung die Pragerstraße. Bei Hausnummer 33 sehen wir den zweiten Wohnsitz der Familie Mautner Markhof. Das im Volksmund „Mautner-Schlössl“ genannte Gebäude wurde um 1900 für Georg II. errichtet, da die Lärm- und Geruchsbelästigung am Firmenareal zu groß wurde. Emilie, die Witwe von Georg II., verließ die Villa erst 1944, als die ersten Bomben auf Floridsdorf fielen. Danach kam das Gebäude an die Stadt Wien. Heute sind darin das Bezirksmuseum Floridsdorf und, in einem Seitentrakt, ein Elektronikfachhändler untergebracht. Über dem Haupteingang findet man links das Wappen der Familie Mautner Markhof. Das rechte Wappen ist jenes der Brauereidynastie Reininghaus, Emilie war eine geborene von Reininghaus.

Vor dem Museum steht weiters seit dem Jahr 2000 ein Gedenkstein für die Opfer der KZ-Nebenlager in Floridsdorf. Durch den Gemeindebau auf Nr. 31 kommen wir zur feudalen Rückseite des Mautner-Schlössls.

Nun machen wir noch einen kleinen Abstecher in die Deublergasse, um ein weiteres Brauhaus zu ehren, deren Vergangenheit aber noch nicht so weit zurückliegt. Zwischen 1999 und 2007 befand sich auf Nr. 9 die Gasthausbrauerei Cult-Bräu, an die ich noch gute Erinnerungen habe. Betrieben wurde sie von Franz Gerhofer, der mittlerweile das uns wohlbekannte Rax-Bräu in Payerbach führt.

Da an beiden nun besuchten Braustätten kein Bier mehr erzeugt wird, müssen wir wieder das Kadlez Bräu aufsuchen, in dem wir schon nach der Besichtigung der Jedleseer Brauerei waren. Wir gehen dazu die Koloniestraße nach Norden. Dort wo wir auf die Hopfengasse treffen finden wir noch den Kleingartenverein Mautner Markhof, der auf einem Grundstück der Familie angesiedelt ist. So sehen wir doch noch den Namen Mautner Markhof im Straßenbild verewigt.

Quellen

http://www.loecker-verlag.at/sites/dynamic.pl?sid=&action=shop&item=404

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Adolf_Ignaz_Mautner

http://www.mautner.at/unternehmen/damals-und-heute/1861.html

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Georg_Heinrich_Mautner_Markhof

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Mautner_Markhof_(Unternehmen)

https://de.wikipedia.org/wiki/Mautner_Markhof

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Georg_Heinrich_Mautner_Markhof

http://tng.adler-wien.eu/showmedia.php?mediaID=38315

http://kurier.at/reise/alexander-waechter-die-schoensten-plaetze-muenchens/116.608.325

http://www.mundl.net/shirts/mei-bier-is-ned-deppat/

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno-plus?aid=wzj&datum=1903&page=113

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=dib&datum=19330216&seite=18

http://www.wienerwohnen.at/hof/1508/Prager-Strasse-31.html

http://www.burgen-austria.com/archive.php?id=1760

http://typo.jugendzentren.at/vjz/index.php?93

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Georg-Weissel-Hof

http://typo.jugendzentren.at/vjz/fileadmin/pdf_downloads/bilder_f_experts/seeyou2015klein.pdf#page=12

https://donaufeld.wordpress.com/2015/04/15/vor-70-jahren-transdanubien-ist-befreit/

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Karl-Heinz-Hof

http://www.rudolf-schoen-weg.at/index.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_denkmalgesch%C3%BCtzten_Objekte_in_Wien/Floridsdorf

http://www.emrich.at/wp-content/uploads/2016/07/Strategiekonzept_Floridsdorf-2013-03-12_verkleinert.pdf

https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Gebauergasse

https://de.wikipedia.org/wiki/Nordwestbahn_(%C3%96sterreich)#Wiener_Nordwestbahnbr.C3.BCcke

http://www.bezirksmuseum.at/default/index.php?id=194

https://www.katzenbeisser.at/

http://www.mautner.at/unternehmen/damals-und-heute/1872.html

https://www.wien.gv.at/rk/msg/2000/0504/004.html

http://brautopo.webnode.at/wien/

http://derstandard.at/2987329/Raxbraeu-Hell

http://www.reininghaus.at/website/index.html

http://www.kleingaertner.at/wir/vereine/21/21mautner.htm