Brauerei Sankt Marx

Februar 2015

 

Die Brauerei Sankt Marx war eine der ältesten Wiens. Ab wann hier Bier produziert wurde ist nicht ganz klar. Nachgewiesen ist aber, dass bereits 1537 in einem Siechenhaus (heute Landstraßer Hauptstraße 173-175) gebraut wurde. Die Kapelle des Siechenhauses war dem Heiligen Markus geweiht, was schließlich dem ganzen Komplex und später auch dem Stadtteil den Namen gab. 1683 wurde das Spital samt Brauhaus im Zuge der Zweiten Türkenbelagerung zerstört.

Sankt Marxer Linie um 1850
Sankt Marxer Linie um 1850, Quelle: www.mautner.at

1706 wurde das Spital inklusive Brauerei wieder aufgebaut womit wir das zweite, zumeist ver- wendete Gründungsjahr haben. Gleich dahinter verlief nun der neu errichtete Linienwall, vermutlich nicht nur um zukünftig die Brauerei, sondern gleich die ganze Stadt zu schützen. Das Spital wurde 1784 im Zuge der Josephinischen Reformen in ein Altersheim ("Versorgungshaus") umgewandelt. Der berühmteste Bewohner war der Erfinder der Nähmaschine, Josef Madersperger, der dort 1850 verarmt starb.

Versorgungshaus St. Marx 19. Jahrhundert
Versorgungshaus St. Marx 19. Jahrhundert, Quelle: Wikimedia Commons

Die Brauerei wurde an mehrere, zumeist erfolglose Brauer verpachtet. 1840 übernahm Adolf Ignaz Mautner Markhof die Brauerei und eine Erfolgsgeschichte begann. 1857 kaufte er schließlich die Brauerei. 1861 wurde das Altersheim geschlossen, womit das Gelände endlich eine reine Brauerei war.

 

Die Mautners betrieben die Brauerei in drei Generationen:

ab 1840 Adolf Ignaz Mautner Markhof

ab 1876 Karl Ferdinand Mautner Markhof

ab 1896 Viktor Mautner Markhof

1913 betrug der Ausstoß 559.000 hl. Das ist ungefähr so viel wie die Ottakringer Brauerei heute. Damit war man nach Schwechat die zweitgrößte Brauerei der Region. Vermutlich waren die beiden Brauereien (gemeinsam mit Löwenbräu München) zu jener Zeit auch die größten der Welt. Das ist ganz erstaunlich, wenn man bedenkt, dass sie nur 7 km Luftlinie von einander entfernt waren und dazwischen noch die ebenfalls nicht kleine Simmeringer Brauerei lag. Soviel zu „Wien, die Stadt des Weins“.

Verschlusskopf

Quelle: www.plopsite.de


Blechschild
Blechschild, Quelle: austria-bierglas-archiv.jimdo.com

Nachdem das vorher hier gebraute Bier wahrscheinlich die sprichwörtliche Qualität einer Spitalsverpflegung hatte, wurde nun auch endlich brauchbares Bier hergestellt. Berühmt war vor allem das Sankt Marxer Abzugbier.

 

Trotzdem fusionierte Sankt Marx 1913 gemeinsam mit Simmering mit der Brauerei Schwechat. Im Zuge von Rationalisierungen wurde der Braubetrieb 1916 eingestellt. Das verbliebene Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt und 1953 durch einen Neubau ersetzt. Der nunmehrige Gemeindebau wird im Volksmund auch Maderspergerhof genannt.

 

Mautner Markhof blieb aber dem Bier erhalten. Zwei weitere Generationen waren noch Vorstandsvorsitzende der Brauerei Schwechat, ehe das Unternehmen 1978 an die Brau AG verkauft wurde. Marcus Mautner Markhof, ein Vertreter der mittlerweile sechsten Generation, kaufte 2013 die Grieskirchner Brauerei.

Straßenschild Markhofgasse

Wir beginnen unseren Rundgang in der nach Adolf Ignaz Mautner Markhof benannten Markhofgasse. Adolf Ignaz war nicht nur ein erfolgreicher Bierbrauer, er war auch ein sehr wohltätiger Mensch. 1872 stiftete er das später nach ihm benannte Mautner Markhofsche Kinderspital, das vis-a-vis in der Schlachthausgasse 26-28 lag. Offensichtlich war diese Tat der Nachwelt wichtiger, da man Erinnerungstafeln an ihn nur am Nachfolgebau von Coop Himmelb(l)au, aber nicht am ehemaligen Standort der Brauerei angebracht hat. Die Tafel und ein Foto des alten Spitals findet man an der Ecke Schlachthausgasse/Hainburger Weg.

 

Über eine Stiege kommen wir in die Kleingasse und sehen dort die noch erhaltene ehemalige Spitalskapelle. Sie ist insofern für uns interessant, da sie der Sankt Markus Kapelle am Brauereigelände nachempfunden wurde, die einem Bierkeller weichen musste. Ein Glasfenster zeigt Adolf Ignaz Mautner Markhof und seine Frau, an der Seitenmauer sieht man eine Ehrentafel, auf der unter anderem Victor Mautner Markhof verewigt ist. Schließlich finden wir am anderen Ende des Coop-Himmelb(l)au-Baus in der Baumgasse das Portalrelief des Kinderspitals.

Wir überqueren wieder die Schlachthausgasse und kommen zum einzig wirklichen Überbleibsel der Brauerei. Auch wenn an der Oberfläche nichts mehr zu sehen ist, so sind die weitläufigen Lager- und Eiskeller noch erhalten. Angeblich soll es von da auch einen Tunnel bis zur Hofburg geben, das würde ich aber eher in das Reich der Legenden einordnen.

 

Der Eingang in die Kelleranlage ist unter der sogenannten Stadtwildnis, einem naturbelassenen Abhang zu einem einstigen Donauarm, gegenüber der Würtzlerstraße (Brauereihallen unter der Stadtwildnis).

Wir folgen dem Abhang und dem Anton-Kuh-Weg und kommen in die Viehmarktgasse. Würden wir alte Schlachthöfe suchen, gäbe es hier noch viel zu sehen. Wir wenden uns aber nach rechts und kommen endlich zur ehemaligen Brauerei, die sich zwischen Landstraßer Hauptstraße, Viehmarktgasse, Dr.-Bohr-Gasse (vermutlich auch noch südlich davon) und Rennweg befand.

 

Der Gang durch das Brauereigelände ist nun ein Schlendern durch einen ruhigen Gemeindebau. Wir verlassen den Hof ungefähr an der Stelle, wo früher das markante Einfahrtstor lag. Hier findet sich eine Gedenktafel an Josef Madersperger, auf der auch das Brauereigebäude schematisch dargestellt ist.

Genau an dem Platz, wo früher das Brauwirtshaus war (Rennweg 95), kehren wir nun in das jetzige Lokal O'Connor's Old Oak ein, wo es, wie der Name vermuten lässt, nun Irisches Bier gibt. Aber auch ein Grieskirchner Dunkel findet sich auf der Karte, das als Andenken an die Braufamilie Mautner Markhof getrunken werden muss.