Brauhaus im Bürgerspital am Schweinemarkt

April 2015

 

Nachdem wir zuletzt schon zwei Braustätten des Bürgerspitals besucht hatten, kommen wir nun zum Haupthaus des Bürgerspitals am Schweinemarkt (heute Lobkowitzplatz). Als sich das türkische Heer 1529 das erste Mal Wien näherte, wurden das bis dahin vor den Toren Wiens gelegene Bürgerspital (wir ahnen es, es gibt noch weitere Bürgerspitalsbraustätten zu besichtigen!) und alle anderen Vorstadtbauten aus strategischen Gründen niedergebrannt. Das Bürgerspital übersiedelte in das Kloster Sankt Clara, das in etwa das Areal, Lobkowitzplatz/Gluckgasse/Kärntner Straße/ Maysedergasse/Augustinerstraße einnahm. 1530 ging der Gebäudekomplex auf das Bürgerspital über, 1537 wurde eine Spitalsbrauerei eingerichtet, die vermutlich an der heutigen Adresse Führichgasse 1-3 lag.

Bürgerspital um 1600
Bürgerspital um 1600, Quelle: Altwiener Bilderbuch, Touaillon, Gottlieb Wien 1909
Bürgerspital um 1724
Bürgerspital um 1724, Quelle: Bildarchiv Austria/ÖNB

Als die Stadt Wien 1727 das Gut Margareten (samt Brauerei) erwarb, war das bis dahin bestehende Braumonopol des Bürgerspitals innerhalb der Stadtmauern gebrochen und es begannen wirtschaftliche Schwierigkeiten. 1783 wurden im Zuge der Reformen Joseph II. das Spital abgesiedelt. 1789 musste schließlich auch die Brauerei schließen und dem Bürgerspital blieben nur noch die Brauhäuser im Unteren Werd und in Sankt Marx.

Stadtplan Steinhausen 1710
Stadtplan Steinhausen 1710, Quelle: WStLA, Lizenz: CC BY-NC-ND 4.0
Abriss Bürgerspital um 1873
Abriss Bürgerspital um 1873, Quelle: Wikimedia Commons

Der Komplex wurde in das sogenannte Bürgerspitalzinshaus umgewandelt. Nachdem die in der Nähe liegenden Befestigungsanlagen geschleift wurden, kam es 1873 auch zur Demolierung des Bürgerspitalzinshauses. Bei der Wiederbebauung des Areals wurden zur Verkehrserleichterung die neuen Straßenzüge Tegetthoffstraße und die Führichgasse angelegt. Damit wurden alle Erinnerungen an das Bürgerspital ausgemerzt. Als einziger Bezugspunkt ist lediglich die Bürgerspitalapotheke „Zum Heiligen Geist“ erhalten geblieben, die nach dem Abriss mit einigen Gerätschaften an den neuen Standort Operngasse 16 übersiedelte.

Nichts desto trotz wollen wir nun einmal um das Gelände des ehemaligen Bürgerspitals und damit der Brauerei herumwandern. Beginnen wir am Lobkowitzplatz. Dieser hieß bis 1710, namensgebend für das Brauhaus, Schweinemarkt, danach bis 1850 Spitalsplatz. Das dem Bürgerspital gegenüber gelegene Palais Lobkowitz, Lobkowitzplatz 2, heute Österreichisches Theatermuseum, wurde 1687 errichtet und hat somit den Malzgeruch der damaligen Zeit noch mitbekommen. Am Schweinemarkt wurden früher auch Hinrichtungen durchgeführt, eine Gedenktafel an eine Dreifachexekution findet sich am Haus Lobkowitzplatz 3.

Wir gehen nun nördlich am Brauereigelände entlang durch die Gluckgasse. Links sehen wir die Rückseite des Kapuzinerklosters, ein weiterer Zeitzeuge. Bekannter sind freilich der Haupteingang am Neuen Markt und die darunterliegende Kaisergruft. Zu Zeiten des Bürgerspitals konnte man nun in Verlängerung der Gluckgasse durch ein namenloses Gässchen in die Kärntner Straße weitergehen. Heute müssen wir über die Tegetthoffstraße, Neuer Markt und die Marco-d'Aviano-Gasse ausweichen. Marco d'Aviano spielte bei der Zweiten Türkenbelagerung eine tragende Rolle, womit wir ansatzweise einen weiteren Bezug zum Anlass der Brauereigründung haben. Sein Denkmal steht vor dem Kapuzinerkloster. Am zusätzlich umrundeten Häuserblock stand früher das Schwarzenbergpalais (Gedenktafel).

Wir wenden uns nun rechts in die Kärntner Straße. Die Malteserkirche links stammt aus 1340 und ist somit fast so alt wie das Clarissenkloster, in das das Bürgerspital einzog. Vis-a-vis an der Adresse Kärntner Straße 28-30 stand das dem Bürgerspital angegliederte Chaossche Stiftungshaus, das nicht deshalb so hieß, weil es sich der Betreuung „unerzogener Waisenknaben“ widmete.

 

Wir sind nun an der Rückseite des Bürgerspitals und am vermutlichen Standort des Brauhauses. Auch wenn oberflächlich nichts mehr an die Brauerei erinnert, so könnte der Lagerkeller erhalten geblieben und heute Herberge des Rosenberger Restaurants sein. Uns ist zwar gerade nicht nach Autobahnraststätte zumute, aber zumindest ein Aperitif muss aus diesem Grund hier genommen werden.

Wieder an der Oberfläche sehen wir gegenüber das Esterházypalais (heute Casinos Austria), einen weiteren Zeitzeugen der Brauerei. Bevor wir den Rundgang fortsetzen machen wir noch einen Abstecher zur Walfischgasse. Am Haus Nr. 1 ist eine Kopie des „Fensterguckers“ angebracht, der einst das hier befindliche Kärntnertor schmückte. Am Haus Nr. 2 befindet sich eine Erinnerungstafel an den Kärntnerturm und damit wieder an die Ersten Türkenbelagerung und damit an die Errichtung des Brauhauses.

Weiter geht die Runde durch die Maysedergasse, die streng genommen ein Stück des Bürgerspitalkomplexes abschneidet. Der linksseitige Häuserblock, in dem sich heute das Hotel Sacher befindet, war daher früher ein bisschen schmäler und beherbergte das Kärntnertortheater, in dem, während nebenan gebraut wurde, die Figur des Hanswurst auftrat. Der Nachfolgebau fiel dann, nachdem die Stadtmauern geschleift waren, mit der Staatsoper ein wenig größer aus.


Nun kommen wir auf den einzigen heute unverbauten Teil des ehemaligen Bürgerspitals, den Helmut-Zilk-Platz. Hier stand der Philipphof, der 1945 nach einem Bombentreffer zerstört wurde und in dem die höchste Anzahl ziviler Opfer in einem einzigen Objekt zu beklagen war. Seit 1988 befindet sich hier das von Alfred Hrdlicka gestaltete Mahnmal gegen Krieg und Faschismus.

Zurück am Lobkowitzplatz, beenden wir unseren Rundgang vis-a-vis im Augustinerkeller, der noch einen Rest der ehemaligen Augustinerbastei darstellt. Das heute ebenerdige Gewölbe stammt ebenfalls aus der Zeit der Brauerei und war einmal Keller des Kaiserlichen Bauhofs. Als Lokal existiert er „erst“ seit 1924. Hier wird, wie wir uns überzeugen konnten, typisch Wiener Biertradition mit böhmischem Bier aufrechterhalten.