Walchsee 26. August 2005

 

Der Walchsee ist also der erste See meines Projekts. Als ich um ihn lief, war mir diese historische Komponente aber noch nicht bewusst. Im Frühjahr war ich meinen ersten Marathon gelaufen und fühlte mich jetzt als richtiger Läufer. Denn Schwung musste ich gleich mitnehmen und weiter trainieren. Es war also klar, dass bei der Planung einer spätsommerlichen Familienurlaubswoche auch das Laufen mit einfloss.

 

In einem Internetforum hatte ich neben unzähliger anderer Kennzeichen eines Läuferdaseins folgende Beschreibung gefunden: Du weißt, du bist ein Läufer, wenn ... du einen See nur noch danach beurteilst, ob man gut herumlaufen kann. Als Urlaubsort hatten wir uns den Walchsee ausgesucht und, ja, man kann gut herumlaufen. So wurde der Walchsee meine erste dokumentierte offizielle Umrundung eines Sees.

 

Wir wohnten etwas außerhalb im Ortsteil Oed, dem Hauptort über den See gegenüberliegend in einer Ferienwohnung am Bauernhof. Der Bauer zeigte uns auch wie seine Kühe gehalten werden und erzählte uns einiges über die Milchindustrie. Bei einer Exkursion in eine deutsche Großmolkerei sah er, welche Verarbeitungsschritte hier die Milch durchmachen musste. Das Rohprodukt wurde in seine Einzelteile zerlegt und daraus die verschiedenen Produkte wie Schlagobers, Rahm, Butter, Joghurt, Molke usw. wieder zusammengesetzt. Der Rest war eben Milch und hatte mit dem was aus der Kuh kommt nur noch die Farbe gemeinsam. Die Milch der Bauern aus der Region wurde hingegen an die 1904 gegründete Biosennerei Walchsee geliefert, wo bereits innerhalb von vier Stunden mit der käseerzeugung begonnen wird. Die Biosennerei Walchsee ist übrigens der älteste käseerzeugende Wirtschaftsbetrieb Tirols. Aber ich schweife ab.

 

Der Bauernhof hatte auch einen eigen Badeplatz am See, ein Umstand, den wir aber nicht nutzen konnten, weil es anfangs, wie so oft bei unseren Österreichurlauben, regnete. So machten wir vorerst einmal Ausflüge nach Kufstein und Innsbruck. Der Inn führte ob der heftigen Regenfälle der letzten Tage bereits massiv Hochwasser. Zum Glück schwappte er aber letztlich nicht über die Ufermauern.

 

Wenn man Urlaub am Wasser macht fragt man sich natürlich gleich, wie sicher das bei Hochwasser ist. Erstaunlicherweise liegt der Walchsee aber nicht in einer Senke, sondern eigentlich auf einer Passhöhe. Sehr viele Wassermassen konnten sich also hier nicht ansammeln und ich fühlte mich gegenüber dem nahen Inntal ungefährdet. Naja, Hangrutsche und Vermurungen hätte es trotzdem geben können.

 

Nachdem der Dauerregen sich gelegt hatte machte ich mich einmal auf eine erkundende erste Umrundung. Da der See doch recht übersichtlich ist, brauchte ich nicht all zuviel Planung und die Route war leicht zu finden. Im Ort Walchsee suchte ich einen Weg direkt am Wasser, den fand ich zwar auch, er war aber viel zu eng und verwinkelt um zügig vorwärts zu kommen. Für eine zweite Umrundung beschloss ich schnell zu laufen und dazu selbstbewusst auf der Ortsdurchfahrt zu bleiben.

 

Zwei Tage später folgte dann die schnelle Seenrunde, die ich nun in meiner Vollzugsliste führe. Die Laufroute ging quasi mitten durch unseren Bauernhof. Nach ein paar Metern bergauf führte das Sträßchen hinunter zum See. An einem steilen Berghang befand sich ein Campingplatz. Möglicherweise mit schönen Ausblicken auf den See, trotzdem irgendwie eigenartig. Danach bog ein Weg von der Straße ab, der über eine Wiese zu einem Badeplatz führte. Hier gab es noch jede Menge Lacken von den Regenfällen und ich versucht möglichst vielen auszuweichen, weil ich nicht unbedingt mit nassen Füßen weiter laufen wollte. Irgendwann merkte ich aber, dass der Wasserspiegel des Sees in den letzten Tagen doch noch etwas gestiegen war. Das Ausweichen nützte nichts mehr, der Seespiegel war einfach um 10 cm höher als der Weg und ich platschte jetzt ungeniert durchs Wasser. Der Vorteil von Laufschuhen ist ja, wenn sie schon nicht wasserdicht sind, so kann das Wasser nachher wieder schnell abfließen.

 

Walchsee

Nach dieser Fußwaschung ging es wieder zurück auf das kleine Sträßchen. Dieses führte leicht bergauf und mündete in die Walchseebundesstraße. Auf einem begleitenden Weg kam ich an einem wilden Badeplatz vorbei. Als ich vor Jahren einmal mit Freunden durch Österreich radelte machten wir hier auch halt um uns abzukühlen. Damals fotografierte ich alle Seen, an denen wir vorbeikamen. Ich habe also schon immer in irgendeiner Weise Seen gesammelt.

 

Kurz vor Walchsee ging es nochmals bergauf. Nach dem Ort lief ich auf kleinen Spazierwegen wieder an einem Campingplatz vorbei. Danach gab es einen landschaftlich schönen Schlenkerer durch ein Waldgebiet. Hier saß eine Frau, die auch auf unserm Bauernhof urlaubte, auf einem Bankerl und brüllte wie immer völlig entnervt ihrem „unfolgsamen“ Kind hinterher. Ich hingegen sportelte entspannt an ihr vorbei und fühlte mich im Gegensatz zu ihr sehr wohl.

 

Das letzte Stück ging es wieder auf dem kleinen Sträßchen zum Bauernhof hinauf. Nach einer knappen halben Stunde hatte ich meinen Lauf recht flott beendet. Meine Kinder hatten inzwischen in mehreren Etappen den Untergrund der Sandkiste, ein Stück bunt gemusterten Teppichboden freigelegt, damit ich nachher mittels Fotomontage eine leere Sandkiste simulieren könnte.