Hernalser Brauerei

Juli 2016


Aus gegebenem Anlass (siehe unten) wollen wir uns nun mit der letzten Wiener Brauerei beschäftigen, bei der die Familie Kuffner mit im Spiel war, mit der Hernalser Brauerei. Sie war etwas kleiner als jene in Oberdöbling, bestand dafür aber um einiges länger.

 

Die Gründung der Brauerei erfolgte 1839 auf dem „Gülden Spitzacker“ in Hernals (heute Ortliebgasse 17) durch Rudolf Müller. 1853 ging der Betrieb in Konkurs, Masseverwalter wurde ein gewisser Cajetan Felder, der auch in der Brauerei Schwechat noch eine Rolle spielen wird und späterer Bürgermeister von Wien wurde. Nächster Besitzer wurde Joseph (oder Johann) Lenz, nach dessen Tod 1867 übernahm sein Sohn Albert Lenz die Brauerei.

 

1878, also 28 Jahre nachdem die beiden Cousins Ignaz und Jakob Kuffner die Ottakringer, bzw. 22 Jahre nachdem sie die Oberdöblinger Brauerei übernommen hatten, kamen zwei weitere Cousins der beiden, die Brüder Gottlieb und Adolf Kuffner von Břeclav nach Wien und pachteten die Brauerei von Albert Lenz. 1887 wurde sie schließlich käuflich erworben, der Betrieb erfolgte jedoch unabhängig von den beiden anderen Kuffner-Brauereien. Noch im selben Jahr starb Gottlieb Kuffner. Adolf Kuffner führte das Unternehmen zunächst allein weiter, 1899 holte er sich seinen Cousin Hermann Hirsch von Kuffner (einen Bruder Jakobs) und dessen Tochter Anna, die mit dem Industriellen Gustav Redlich von Vežeg verheiratet war, als Gesellschafter. Das Unternehmen firmierte nun unter dem Namen Brauerei Hernals Kuffner & Redlich.

Nun erfuhr der Betrieb einen gehörigen Aufschwung. 1902 wird berichtet, dass die Brauerei folgende Einrichtungen besaß: eine Gersten- und Malzputzerei, einen Malzwender, ein Sudwerk bestehend aus Maischbottich, Maischpfanne, Läuterbottich und Würzepfanne, zwei Bierberieselungs-apparate, eine Gelagerpresse, sechs Weichstöcke, eine Malzschrotmühle, zwei Eiskühlmaschinen zur Kühlung der ausgedehnten Gär- und Lagerkeller, drei Dampfkessel, zwei Dampfmaschinen zum Betriebe der drei Aufzüge, zwei Generatoren zur Beleuchtung der Brauerei, zwei Brunnen, mehrere Salz- und Süßwasserpumpen, zwei Luftdruck-Wasserhebungspumpen, einen Pichapparat zur Fassabdichtung, eine Fassabfüllanlage usw. Von einigen dieser Geräte wusste ich nicht einmal, dass sie zur Biererzeugung überhaupt Verwendung finden können.

Hernalser Brauerei um 1900
Illustrirtes Wiener Extrablatt 28. September 1902 Seite 7, Quelle: ANNO/ÖNB

 

Das Areal der Brauerei wurde über den Häuserblock hinaus erweitert, westlich der Frauengasse wurde ein Brauhausrestaurant mit zwei Sälen und einem großen Garten errichtet. Als Adolf Kuffner 1903 starb, stieg Annas Bruder Ludwig von Kuffner in die Brauerei ein. Nach dem Tod von Hermann Hirsch 1905 kamen Annas Söhne Dr. Hans und Kurt Redlich von Vežeg in den Betrieb. 1911 starb Anna Redlich von Vežeg, nun führten die restlichen drei Gesellschafter die Brauerei. Durch den ersten Weltkrieg entstanden für die Brauerei Probleme, sie blieb aber immerhin noch bestehen, wodurch heute noch einige Devotionalien erhalten sind.

 

Hernalser Brauerei um 1930
Hernalser Brauerei um 1930, Quelle: Bezirksmuseum Hernals

1924 wurde der Betrieb vorübergehend eingestellt, jedoch 1933 noch einmal aufgenommen. 1936 schließlich wurde die desolate Brauerei an die Konkurrenz verkauft (je nach Quelle an die Brauerei Schwechat oder an die "Gesamtheit der Brauereien in Wien und Umgebung") und stillgelegt, womit ihr zumindest die Arisierung erspart geblieben ist. Ludwig Kuffner starb 1937, Hans Redlich flüchtete vor den Nazis nach Kanada, Kurt Redlich wurde im Vernichtungslager Maly Trostinec in Weißrussland ermordet. Das Areal der Brauerei übernahm die Pferdefleischhauerei Josef Bunzl, um 1950 wurden die Gebäude demoliert. Bei Grabungen der Stadtarchäologie Wien wurden 2005 Kelleranlagen der Hernalser Brauerei freigelegt, zu sehen sind diese aber meines Wissens nicht mehr.

Grabung Brauerei Hernals: Reste des Kellers, der 1894 errichtet worden war, während der Ausgrabung
Grabung Brauerei Hernals: Reste des Kellers, der 1894 errichtet worden war, während der Ausgrabung, © Stadtarchäologie Wien stadtarchaeologie.at

 

Wir wollen daher nun schauen, ob es sonst noch Spuren der Brauerei gibt. Ausgangspunkt ist die Straßenbahnstation Frauengasse der Linie 44. Wir gehen durch die Ortliebgasse und gelangen an der Kreuzung mit der Haslingergasse zum Häuserblock, in dem einst die Brauerei lag. Das heute recht nett renovierte Haus Ortliebgasse 15, das leicht aus der Baulinie hervortritt, ist der letzte Überrest der Brauerei, es war einst ein Verwaltungsgebäude. Ansonsten befindet sich auf dem früheren Brauereiareal der Sportplatz des GRG 17 Parhamergymnasiums. Wer das Gefühl genießen will, im ehemaligen Brauereikeller zu stehen, kann auch den dortigen Eingang der Dauerparkgarage Parhamerplatz hinuntergehen.

Wir wandern weiter zur Geblergasse, die zumindest teilweise, jetzt kommt‘s, bis ca. 1870 Bräuhausgasse hieß. Hier findet sich der kleine Adelheid-Popp-Park, der ebenfalls noch am Brauereigelände liegt. Wir gehen zweimal links und biegen in die Frauengasse ein. Auf der rechten Seite, wo heute die Bundesporthalle Parhmerplatz bzw. ein großer Merkur-Markt liegen, war einst das Brauhausrestaurant der Hernalser Brauerei. Danach kommen wir an der Spitzackergasse vorbei, die nach der Flurbezeichnung des Baugrundes der Brauerei benannt wurde. Wenn wir nun nach links schauen, sehen wir noch die Rückseite des letzten Baurestes des Brauhauses. An der Haslingergasse haben wir unsere Brauereiumrundung beendet.

Wir gehen nun durch die Weißgasse, die Teichgasse, die an den Eisteich der Ottakringer Brauerei erinnert (siehe dort) und die Rosensteingasse zum Ottakringer Platz. Der eingangs erwähnte gegebene Anlass sind die nun gerade hier stattfindenden Braukultur-Wochen der Ottakringer Brauerei, denen wir uns jetzt hingeben. Schon erstaunlich, dass noch vor 100 Jahren zwei doch recht große Brauereien nur rund 500 m Luftlinie voneinander entfernt lagen.