Mattsee 7. Oktober 2007

 

So wie im Vorjahr brauchte ich für die Herbsturlaubsabholfahrt meiner Mutter wieder einen meiner Seen, die ich mittlerweile systematisch umrundete. Nach eingehender Recherche fand ich den Mattseer Sparkassenlauf als passendes Event. Zuerst hatte ich mich zu entscheiden, bei welchem Bewerb ich starten sollte, beim Volkslauf um den See oder beim Halbmarathon. Der Halbmarathon baute in die klassische Seenrunde einfach noch eine zusätzliche Schleife ein. Nachdem ich im Frühjahr eine für mich fabelhafte personal best im Halbmarathon gelaufen war, überlegte ich größenwahsinnigerweise, ob ich die im Herbst vielleicht noch verbessern sollte. Aber irgendwie gefiel mir das nicht. Der Seelaufpurist hat einfach um den See zu laufen und sonst nichts. Bestärkt wurde ich in der Entscheidung noch durch Peter, einen Laufkollegen aus einem Laufforum. Er meinte, dass die Strecke zwar schön, aber völlig ungeeignet für schnelle Zeiten sei. Damit war klar, ich laufe die Seenrunde mit 13 km.

 

Ganz zufrieden war ich mit der Planung aber noch nicht. Wenn wir am Samstag anreisen würden, könnte ich ja, zum Aufwärmen quasi, den Obertrumer See auch noch umrunden. Und wenn ich schnell bin, den Grabensee noch dazu. Die Seen liegen praktischer Weise alle auf einen Fleck. Mattsee und Obertrumer See hängen eigentlich zusammen. Beide Seen werden auch von einem Linienschiff gemeinsam durchfahren, was einmalig in Österreich ist. Abenteuerlich ist jedenfalls die Durchfahrt durch die Johannisbrücke. Hier muss selbst im Normalbetrieb durch eine Spezialkonstruktion das Kabinendach der „Seenland“ abgesenkt werden und die Fahrgäste müssen die Köpfe einziehen. Nur so passt das Schiff unter der Brücke durch. Bei Hochwasser hilft selbst das Absenken nichts mehr, bei Niedrigwasser sitzt das Schiff auf und eine Durchfahrt ist ebenfalls nicht möglich. Ziemlich eingeschränkte Betriebsbedingungen also. Aber ich schweife ab.

 

Dann ereilte mich zwei Wochen vor dem Lauf ein grippaler Infekt. Das war der erste seit dreieinhalb Jahren, Laufen macht ja eigentlich gesund, aber irgendwann erwischt es einen doch. Somit war die ganze Planung wieder über den Haufen geworfen. Rechtzeitig zum Lauf­wochenende wurde ich aber wieder gesund und konnte zumindest die Mattseerunde ins Auge fassen. Die anderen beiden Seen schminkte ich mir schon mal ab. Das hatte zumindest den Vorteil, dass wir den Samstag nach der Anreise als gemütlichen Urlaubstag nutzen konnten und nicht das ganze Wochenende mit Laufen drauf ging.

 

Nach einer Minigolfpartie mit den Kindern, wo wir ziemlich froren und einem Abendessen im Stiftskeller gingen Conny und ich noch auf einen Gutenachttrunk ins Fischerstüberl gleich neben unserm Hotel. Und hier fing wieder das übliche Gejammere an. Wie gesund bin ich wirklich? Soll ich mich schonen, oder soll ich voll durchlaufen? Soll ich mit Conny gemeinsam rennen, oder ihr davon laufen? Diese Fragen beschäftigten mich dann bis Sonntag bis unmittelbar vor dem Start. Da standen wir dann und feuerten die kurz vor dem Volkslauf startenden Halbmarathonläufer an. Die Rennstimmung umfing mich sofort und damit war klar, nix mit schonen, angasen.

 

Das Wetter war wieder optimal geworden, ein wunderschöner Herbsttag. Nach dem Start ging es einmal auf Asphalt durch den Ort hinaus. Neben mir war ein Mann, der offensichtlich seine Frau coachte. Sie schnaubte konzentriert vor sich hin, er schwanzelte um sie herum: „Super machst du das, nicht nachlassen, gleichmäßig atmen, gemma, weiter so, ...“ Es war nicht zum Aushalten. Dieses ständige demütigende Gequatsche hätte mir diesen wunderschönen Lauf vergällt. Aber glücklicherweise durfte ich ja jetzt angasen und lies sie bald hinter mir.

Dann ging es in den Wald. Bergauf und bergab über Wurzeln und Steine und so manche Lacken. Zum Glück war ich vorgewarnt und konnte mir so meine Kräfte gut einteilen. Am hinteren Ende des Sees waren wir ca. 50m über Seeniveau. Über Asphaltstraßen ging es wieder steil bergab zu einem Seebad und zu einer Labe. Weiter ging es über eine sumpfige Wiese. Man musste ziemlich vorsichtig laufen um nicht zu stürzen, etwas was, wie ich später im Ziel sehen konnte, nicht allen gelang. Eine Zeit lang ging es weiter auf schmalen Wegen ganz knapp am Wasser entlang. Dann noch einmal hinauf in einen kleinen Ort. Am Straßenrand saßen ein paar Blechbläser, die aber gerade Pause machten, ich feuerte sie an, weiter zu spielen.

Nach einem kurzen Waldstück kam ich zur Abzweigung der Halbmarathonschleife, kurz darauf zur Einmündung derselben. Die Halbmarathonläufer, auf die ich jetzt traf, waren gerade ein bisschen schneller als ich und ich konnte mich schön ziehen lassen. Endlich war wieder der Ortseingang von Mattsee erreicht. Durch die Gässchen hätte ich mich noch fast verlaufen. Auf einem Hotelbalkon stand ein deutscher Tourist und feuerte militärisch zackig die wackeren Lauf-Recken an.

Zum Schluss ging es noch um den Schlossberg herum, über eine ganz kurze rhythmusbrechende Steigung und weiter ins Ziel an der Weyerbucht, wo ich schon von den Kindern erwartet wurde. Die Zeit war zwar nicht berauschend, angesichts der Umstände war ich aber ganz zufrieden. Ich war wie immer im Mittelfeld gelandet. Angesichts der doch etwas schwereren Strecke machte ich mir etwas Sorgen um Conny. Ich wurde aber eines Besseren belehrt, denn bald nach mir war sie auch schon strahlend im Ziel.

Leider blieb nicht mehr viel Zeit, nach Zielverpflegung und Dusche im Hotel musste ich mich endlich auf den Weg machen, um meine Mutter abzuholen. Conny und die Kinder setzte ich in Salzburg ab, von wo aus sie mit dem Zug direkt nach Wien fuhren. Die Fahrtstrecke Mattsee, Obertrumer See, Fuschlsee, Wolfgangsee, Hallstätter See und das ganze bei bestem Herbstwetter zeigte mir wieder einmal, in welch wunderschönem Land ich wohne.