Hallstätter See 4. Mai 2008

 

Der Hallstätter See hat in meinem Leben eine besondere Bedeutung. Unseren zweiten gemeinsamen Urlaub verbrachten Conny und ich in grauer Vorzeit in Hallstatt. Der erste gemeinsame Urlaub war am Längsee (oh Wunder, auch ein See). Auch später kamen wir immer wieder hier her, um festzustellen, dass es in Hallstatt immer regnet (was aber diesmal nicht der Fall war). Der Blick vom Salzberg oder von der Pötschenstraße auf den See zählt sicher zu den touristischen Highlights.

 

Eigentlich ist der Hallstätter See ja ein Salzwassersee. Am 19. Oktober 2005 brach eine Soleleitung im Salzbergwerk über Hallstatt. Die Sole trat aus dem Franz-Josef Stollen aus und ergoss sich über den Mühlbach in den Hallstätter See. Da die Sole aber schwerer als Süßwasser ist, liegen jetzt 3.000 Tonnen Salz am Grunde des Hallstätter Sees. Der Lebensraum der Fische wurde so ein wenig verkleinert, aus heutiger Sicht ergibt sich daraus aber keine gröberen Beeinträchtigungen für Flora und Fauna. Aber ich schweife ab.

 

Ich beschloss, die Umrundung des Hallstätter Sees im Rahmen des Hallstätter-See-Rundlaufs, eines Halbmarathons, durchzuführen. Das Ganze sollte wieder mit einem kleinen Familienurlaub verbunden werden. Die erste Freude herrschte bereits bei der Anmeldung. Ab einer Halbmarathon-personal-best unter 1:40 konnte man „Elite“ ankreuzen. Hurra, ich bin ein Eliteläufer.

 

Wir reisten am Freitag mit dem Zug an. Dies hätte nicht nur weniger stressig sein sollen, sondern hätte auch die Möglichkeit geboten, sich Hallstatt vom Wasser aus zu nähern, der Bahnhof liegt an der gegenüberliegenden Seeseite und es gibt ein Linienschiff in den Ort. Das geht sonst nur in Venedig.

 

Leider gab es gleich einmal ein technisches Problem, die Abfahrt verzögerte sich um eine halbe Stunde, der Anschlusszug war weg und der Folgezug hatte keinen Halt mehr in Hallstatt. Der Fahrdienstleiter von Obertraun rief uns ein Taxi (das auch nicht mehr kostete als das Schiff) und wir kamen um halb 9 Uhr im Hotel an. Das Haus verlassen hatte ich um halb 2 Uhr. Also sieben Stunden Anreise für knapp 300 km. Manchmal fordert einem das ökologische Gewissen schon einiges ab.

 

Hallstätter See

2008 war im Salzkammergut die Oberösterreichische Landesausstellung. Hallstatt beteiligte sich daran und versuchte sich herauszuputzen. Auch unser Hotel wurde frisch renoviert, leider waren die Arbeiten noch nicht ganz abgeschlossen. An unserem Zimmer konnte man einerseits noch erkennen, wie dringend eine Renovierung notwendig gewesen war und andererseits schon sehen, wie schön es einmal werden könnte.

 

Den Samstag nutzten wir für Besichtigungen, unter anderem besuchten wir das Salzbergwerk, das älteste, noch im Betrieb befindliche Bergwerk der Welt. Vom Salzberg aus hatte man einen wunderschönen Blick fast über die gesamte Laufstrecke. Danach wanderten wir entlang eines Wasserfalls wieder zurück in den Ort.

 

Am Abend holte ich mir die Startunterlagen. Nachdem ich nicht wusste wo ich sie bekommen sollte, fragte ich nahe liegender Weise in einem Sportgeschäft. Da kam ich gleich zu einem Mitorganisator und langjährigen Teilnehmer. Er erzählte mir ein bisschen was über die Schwierigkeiten der Strecke und darüber, dass er immer weiter trainieren musste, weil es ihn ärgerte, von den besten Damen überholt zu werden. Zum Schluss war er bei 1:17 angelangt und wurde immer noch von Damen überholt. Ich hatte inzwischen das Gefühl bekommen, etwas neben mir zu stehen. Ich fühlte mich irgendwie komisch und war der Meinung, überhaupt nicht mehr laufen zu können. Wie immer halt.

 

Am nächsten Tag herrschte Traumwetter. Sonne, blauer Himmel, kein Wind und noch nicht all zu heiß. Der Start war etwas außerhalb von Hallstatt, so dass sich mit dem Ziel am Marktplatz (und direkt vor unserem Hotel) genau ein Halbmarathon ergab. Da es mir ja um die komplette Umrundung des Sees ging, joggte ich den einen Kilometer zum Start und stellte verwundert fest, dass ich doch noch laufen konnte. So war ich gleich warmgelaufen.

 

Mit einem Böllerschuss vom Balkon eines Hauses erfolgte der Start um 10:15 Uhr. Diese unrunde Startzeit war offensichtlich notwendig, damit die Läufer nicht am Bahnübergang in Steeg aufgehalten werden würden. Es ging auf der Straße gleich einmal leicht bergauf weg. Nachdem ich wusste, dass es auf der Ostseite des Sees recht eng werden würde, wollte ich am Anfang nicht zu weit hinten sein, um dann nicht aufgehalten zu werden. Also gab ich gleich mal ein bisschen Gas. Kilometermarkierung fand ich keine, aber irgendwann drückte neben mir einer auf seine Uhr. Da waren gerade 4:30 min vergangen, wenn das wirklich der erste Kilometer war, war ich für die Steigung wohl flott genug.

 

Ab dann fand ich auch die km-Taferln. Die ersten 5 km auf der Straße nach Obertraun lief ich schön konstant und gut gelaunt weiter. Neben mir war jemand mit einem Finishershirt des Zipfer Cross-Laufs. Sie wurde gefragt, ob es da bei den Laben wirklich auch Bier gäbe, was bejaht wurde. Vielleicht auch mal eine Reise wert. Bei den ersten Häusern in Obertraun standen schon die Leute auf der Straße und applaudierten den Läufern. Vis-à-vis standen Schafe auf einer Koppel und blökten ob dieses Wirbels ganz aufgeregt.

 

In Obertraun gab es die erste Labe. Ich nahm mir den Luxus heraus im Gehen zu trinken und nicht mich im Laufen anzuschütten. Ich merkte, dass sich hinter mir ein kleines Loch aufgetan hatte. Ich war also gerade am Ende der einigermaßen Schnellen. Wenn ich jetzt eine gute Zeit rennen wollte, musste ich versuchen dran zu bleiben. Aber irgendwie dachte ich mir, es ist ein viel zu schöner Tag, um sich das Beuschel rauszukeuchen. So lief ich zwar flott aber dennoch entspannt weiter.

 

Von nun an ging es auf Wanderwegen weiter. Hier sah man noch die Spuren des Sturms „Emma“, der vor kurzem Bahnstrecke und Weg verwüstet hatte. Beides wurde erst eine Woche vor dem Rennen wieder passierbar. Nun ging es einmal ziemlich steil über einen Hügel, dann hinauf zur Bahnstation Hallstatt, weiter über den Bahnsteig und dann über eine ziemlich gewagte Hängebrückenkonstruktion über einen Bach und entlang einer Felswand.

 

Für die Fans der Läufer gab es ein Gratisschiff, das über den See fuhr und an mehreren Stellen die Möglichkeit zum Anfeuern bot. Bei der Hängebrücke war so ein großer Radau. Ich versuchte meine Familie am Schiff zu finden, was mir aber nicht gelang, da ich mich sehr auf die Brücke konzentrieren musste, die durch das Läufergestampfe ziemlich zu schwingen begann. So winkte ich einfach nur auf Verdacht. Danach ging es einen Waldweg bergauf, zwischen Gärten bergab und wieder ganz nah am Wasser entlang. Der Weg war inzwischen einspurig geworden. Kurz zuvor wurde ich überholt und dann leicht eingebremst. So konnte ich mich aber wenigstens eine bisschen ausrasten.

 

Ab Obersee wurde es wieder breiter. Labestationen gab es öfters als angekündigt. Überall wo es Häuser gab, standen Leute heraußen und klatschten. Das Laufen machte richtig Spaß, aber immer wieder ging es leicht auf und ab. Ich überholte eine Läuferin vom LC Wienerwaldsee und grüßte die Kollegin aus der Heimat.

 

In Steeg kamen wir wieder auf die Bundesstraße. Nun wollte ich wieder Gas geben, weil ich mir einigermaßen normale Straßenlaufverhältnisse erwartete. Es gab aber dennoch genügend Steigungen, trotzdem lief es ganz gut und meine Kilometersplits sanken wieder deutlich unter 5:00. Die Straße war hier nicht komplett abgesperrt. Die Autos fuhren aber nur sehr langsam und rücksichtsvoll, so war trotzdem noch Kurvenschneiden möglich. Radfahrer sicherten die Läufer ab, feuerten an und animierten auch die Zuschauer dies zu tun: „Die brauchen das jetzt!“

 

Beim Gosauzwang nahm ich ein letztes Getränk, diesmal im Laufen, und einen Schwamm zur Kühlung. Neben mir unterhielten sich zwei, ob sich der Zieleinlauf zu Mittag noch ausging. Letzter Ansporn war jetzt also, zum „Zwölfeläuten“ zu Hause zu sein. Auch die letzten Kilometer liefen noch recht locker. Am Ortseingang überholte ich eine Läuferin, mit der ich mich die letzten Kilometer gematcht hatte. Einmal ging es noch leicht bergauf und dann steil hinunter ins Ziel. Ich sprintete dermaßen, dass ich schon Angst hatte, meine Beine kommen bei dem Tempo nicht mit und ich köpfle ab. Conny und die Kinder, vom Begleitschiff inzwischen wieder zurückgebracht, feuerten mich nochmal an. Zieleinlauf in 1:42:23. Fünf Minuten über meiner Halbmarathon-personal-best, dafür ohne Leiden und auf anspruchsvollerer Strecke. Die Uhr zeigte 150 Höhenmeter, gefühlt waren es aber verteilt auf der ganzen Strecke mehr.

 

Hallstättersee-Rundlauf

Die Zielverpflegung war nicht sehr ausführlich, dafür mit Bier-im-Ziel. Ich genoss es zu den Kirchenglocken. Nach einem gemütlichen Bad im Hotel ging es zur Siegerehrung auf dem Marktplatz, die im Rahmen eines Volksfestes stattfand. Hier gab es dann auch genug Verpflegung, Grillwürstel und selbst gemachte Mehlspeisen nach Lust und Laune.

 

Um 15 Uhr ging es wieder zurück, diesmal wirklich mit dem Schiff, zum Bahnhof und mit einem direkten Zug zurück nach Wien. Aufgrund des langen Wochenendes und der Landesausstellung waren in Bad Ischl ziemlich viele Leute am Bahnsteig, was mich zu einem „na servas Kaiser“ animierte. Das passte hier in der alten Habsburgerstadt natürlich auch im doppelten Wortsinn. Zur Ehrenrettung der ÖBB sei gesagt, dass die Rückreise wirklich angenehm, pünktlich und stressfrei war.