Erlaufsee 24. Mai 2009

 

Die Planung für das verlängerte Wochenende um Christi Himmelfahrt stand an und der Familienrat wurde befragt. Na gut, wenn ich mir was wünschen darf, dann an irgendeinen See, um herum zu laufen. Komischerweise war diese Meinung nicht mehrheitsfähig. Wir entschieden uns dann für Waidhofen an der Ybbs, um mit dem Super-Angebot der Niederösterreich-CARD auch ein paar Wien ferne Attraktionen nützen zu können.

 

Für die Heimreise konnte ich aber dann meinen Vorschlag durchbringen, uns nicht möglichst schnell auf die Autobahn zu schmeißen, sondern noch ein bisschen in der schönen Landschaft zu verweilen. Wir wollten durch das Ybbstal flussaufwärts und weiter das Traisental Richtung St. Pölten fahren. Komischerweise liegen da zwei Seen auf der Strecke und wenn man schon mal da ist ...

 

Um den Lunzer See gab es ab diesem Jahr wieder eine Laufveranstaltung, die an sich besuchenswert wäre, also machten wir am Erlaufsee eine kleine Pause, damit ich meiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen konnte. Der „Erlaufsee“ ist vom Namen her so was wie Programm für die ganze Geschichte der Seeumrundungen, enthält er doch alle wichtigen Worte: „er“ (also ich), „Lauf“ und „See“.

 

Bei der Anreise über den Zeller Rain konnten wir trotz sommerlicher Temperaturen der letzten Wochen noch Schneefelder neben der Straße sehen. Die Schneemassen des letzten Winters in dieser Gegend waren also wirklich enorm. Wir blieben kurz stehen, um die einmalige Gelegenheit zu bekommen mit Sandalen in den Schnee zu steigen.

 

Das letzte Stück zu meinem Startpunkt am Ostufer fuhren wir am See entlang. Dabei konnte ich schon ein wenig Streckenstudium betreiben. Laut Karte gibt es neben der Straße einen Wanderweg. Dieser war aber nur ein Fußpfad und ging im Wald ständig auf und ab. Angesichts der Tatsache, dass es ja nur ein kurzer und daher schneller Lauf werden sollte, war die Entscheidung getroffen hier dann auf der Straße zu laufen.

 

Erlaufsee

Die Infrastruktur am See war optimal: Parkplatz direkt an der Strecke, daneben gleich WC, Umkleidekabine und Dusche. Gut, das Ganze war eher für den öffentlichen Badestrand gedacht, aber auch der Seenläufer konnte sie hervorragend nützen. Die Gebühren von 90 ¢ für eine Stunde Parken und 30 ¢ für einmal WC schienen dafür ein angemessener Obolus.

 

Felix sagte noch: „Lauf schnell!“ Er wollte schon weiter. Als dann ein bisschen Wind aufkam, ein paar Regentropfen zu spüren waren und auch angeblich ein entfernter Donner zu hören war, sagte er: „Lauf nicht!“ Aber jetzt gab es kein Zurück mehr. Die Orientierung fiel mir diesmal wirklich leicht, ich brauchte keinen Plan mit. Auch brauchte ich keinen Fotoapparat mitzunehmen, die Dokumentation konnte durchaus vom Start aus erfolgen, hier gab es die besten Motive.

 

Ich lief Richtung Mariazell beim Strandbuffet vorbei. Da waren schon viele Leute auf der Straße unterwegs und ich kam mir wieder einmal komisch vor, mich hier durchzudrängen. Danach musste ich zweimal links abbiegen und lief schon auf der Privatstraße an der hinteren, niederösterreichischen Seite des Sees. Die ersten Schritte waren ja recht flott, aber schon nach fünf Minuten wurde ich müde. Das konnte es ja wirklich nicht sein. Man kann sich zwar am flotten (schnell will ich jetzt nicht sagen) Laufen erfreuen, aber wenn ich so weiterliefe, würde auch die kurze Runde kein Spaß. Also schaltete ich ein bisschen zurück und es ging wieder. Das schwüle Wetter spürte ich aber trotzdem noch. Eigentlich schade, wahrscheinlich war das die kürzeste, ebenste Runde und da hätte ich ja auch so was Ähnliches wie einen würdigen Rekord laufen können.

 

Ich kam an einigen netten Villen vorbei. Als Kind machte ich ja oft in dieser Gegend Urlaub. Da gab es in Winterbach an der Mariazellerbahn ein Hotel für Mitarbeiter der EVN (damals noch NEWAG), der Betrieb, in dem mein Vater arbeitete. So waren wir auch öfters beim Erlaufsee und suchten eine sagenumwobene Luxusvilla, die angeblich nur den Chefitäten der NEWAG vorbehalten gewesen sein sollte. Eigentlich hätte diese Villa ja eher am nahegelegenen Erlaufstausee liegen sollen, mit dem der Erlaufsee auch manchmal verwechselt wird. Der Erlaufstausee bzw. das dazugehörige Kraftwerk Wienerbruck liefern die elektrische Energie für die Mariazellerbahn die zwischen 1907 und 1911 als erste Bahnlinie Österreichs vollständig elektrifiziert wurde. Als Stromsystem wurde eine Fahrdrahtspannung von 6,5 kV mit 25 Hz gewählt und ist somit bis heute eine Insel im sonstigen Bahnstromnetz der ÖBB von 15 kV mit 16 2/3 Hz. Die Versorgung wurde damals von dem „Erzherzogtum Österreich unter der Enns Landeselektrizitätswerk“ besorgt, das damit als Keimzelle der EVN anzusehen ist. Bis heute wird die Bereitstellung der Energie bis zum Fahrdraht nicht von der ÖBB sondern von der EVN durchgeführt. Aber ich schweife ab.

 

Die Straße wurde schön langsam zu einem Weg. Einmal war der Pfad bis auf einen kleinen Durchgang abgesperrt und mit einer Tafel versehen, auf der etwas mit „privat“ und „langsam“ stand und ein Schießgewehr abgebildet war. Ich hoffe nicht, dass hier auf schnelle Läufer und Radler geschossen wird, sondern nur darauf hingewiesen werden soll, dass man sich in einem Jagdgebiet befindet.

 

Am Ende des Sees ging es über ein kleines Brückerl über die Erlauf und ich war wieder in der Steiermark. Beim Seewirt gelangte ich auf die schon vorhin beschriebene Straße. Vorbei an ein paar Stegen, wo sich gerade Taucher für einen Tauchgang fertig machten, kam ich wieder zurück zu meinem Startplatz. Um meinen Körper möglichst rasch wieder auf normale Temperaturen zu bringen, nahm ich ein kurzes Bad im See. Komisch, dass ich den naheliegensten Vorteil an Seenläufen bisher noch nie genützt hatte. Etwas frisch war es aber schon, im Teletext fand ich zu Hause etwas von einer „Badeseetemperatur“ von 15 °C.