Lunzer See 31. August 2010

 

Traditionell verbrachten wir am Ende der Sommerferien noch ein paar Tage irgendwo in Österreich. Diesmal wollten wir ein bisschen was von unserer Niederösterreich CARD abarbeiten. Nein, es ist nicht so, dass wir alles was gratis ist (gratis ist es ja nicht, wir zahlen ja einmalig dafür) auch machen müssen, aber die Niederösterreich CARD ist ein netter Ideengeber und Motivator. So landeten wir im Mostviertel und blieben drei Nächte in Winterbach, einem „Ort“ der nur aus dem gleichnamigen Hotel und der Bahnstation der Mariazellerbahn bestand. Hier verbrachte ich etliche meiner Kindheitsurlaube (Erlaufsee), es war also ein Akt der Vergangenheitsbewältigung.

 

Leider war das Wetter recht bescheiden, es war kalt und regnete viel. Das schränkte unsere Planungen natürlich sehr ein und wir mussten uns mehr auf Indooraktivitäten beschränken. An meinem Geburtstag konnten aber natürlich meine Wünsche verstärkt in die Tagesgestaltung miteinfließen. Nach einem Ausflug in den Ostarichi Kulturhof in Neuhofen an der Ybbs fuhren wir daher nach Lunz am See. Auf dem Weg dorthin begann es wieder zu regnen. Es hatte nur mehr 13 °C und ich zweifelte immer mehr, ob ich tatsächlich versuchen sollte um den See zu laufen.

 

Nachdem wir in Lunz endlich den See gefunden hatten, ergab sich gerade eine Regenpause. „Wann wenn nicht jetzt“, dachte ich mir. Es war aber schon eine gehörige Portion Überwindung notwendig. Wenn es aber schon keine sportliche Höchstleistung war, hier um den See zu laufen, dann sollte es zumindest anderwärtig anstrengend sein. Ich parkte das Auto beim Strandbad, das natürlich geschlossen hatte. Aber es gab eine öffentliche Toilette in der ich mich im Trockenen umziehen konnte. Für winterliche Temperaturen hatte ich zu wenig Gewand mit. So zog ich noch meine Regenjacke an, setzte mir ein Kapperl auf und lief im leichten Nieseln davon.

Lunzer See

 

Ich lief ohne Karte, war mir aber sicher, dass ich mir den Weg gut genug eingeprägt hatte. Nach der Brücke über den Seebach kam ich zur hinteren Seite des Sees. Der Wasserspiegel war durch den Regen schon etwas erhöht, an der Uferpromenade standen einige Bänke im Wasser. Ich lief leicht bergauf und am ehemaligen Jugendgästehaus vorbei, in dem nun der Wasserkluster Lunz, eine limnologische Forschungseinrichtung der ehemaligen Biologischen Station Lunz, der Universität Wien, der Universität für Bodenkultur und der Donau-Universität Krems untergebracht war.

 

Gleich darauf ging es auf einem schmalen Pfad in den Wald. Zuerst lief ich vorsichtig ein paar Serpentinen bergab und dann immer am Wasser entlang. Nun war ich aufgewärmt, es war mir nicht mehr kalt und ich war richtig glücklich hier dieses wunderschöne Seeufer belaufen zu können. In unregelmäßigen Abständen findet ja ein Lunzer-See-Lauf statt, den ich mir auch schon vorgemerkt hatte. Ich war mir sicher, dass der Lauf nicht auf diesem Weg, sondern ein bisschen weiter oben auf der Straße stattfinden würde. Daher war ich froh, jetzt hier diesen schönen Weg laufen zu können.

 

Am Ende des Sees kam ich auf eine Wiese und musste mich an ein paar Wanderinnen vorbeidrängen, die gut in Regencapes eingepackt waren. Dann ging es hinunter zur Einmündung des Seebachs. Wenn man den Seebach hinauf folgen würde, käme man zuerst an den Mittersee und dann, über 1.100 m, zum äußerst idyllisch gelegenen Obersee. Während einer Ferialpraxis in meiner Jugendzeit fuhren wir einmal diese Strecke hinauf. Wir hatten damals bei der EVN (damals noch NEWAG) eine Hochspannungsleitung zu vermessen. Die Leute erzählten uns, dass bei der ersten Elektrifizierung des Gebietes die Bauern noch mitgeholfen hatten, um den Strom in ihre Dörfer zu bringen. Jahre später, als dann überregionale Stromleitungen gebaut werden sollten, war das nicht mehr so, da gab es nur noch Widerstände.

 

Der Abstecher zum Obersee hatte natürlich nichts mit der Arbeit zu tun gehabt, war aber sehr beeindruckend. Am Obersee beginnt das Wildnisgebiet Dürrenstein. Dieses steht unter strengem Schutz der IUCN, der International Union for Conservation of Nature. Das Kerngebiet, der Rothwald, ist das einzige Gebiet im deutschsprachigen Raum, das den höchsten Schutzgrad genießt. Es handelt sich hier um einen wirklichen Urwald, ein Gebiet, das noch nie von Menschen genutzt wurde. Diesen glücklichen Umstand verdanken wir der Tatsache, dass der Rothwald im Grenzgebiet zweier Klöster, der Kartause Gaming und des Benediktinerstiftes Admont, liegt. Beide stritten um die Nutzung. Nach der Auflösung des Kartäuserklosters durch Joseph II kaufte die Familie Rothschild 1782 das Gebiet und ließ es weiterhin völlig unberührt. Sehr fortschrittlich für die damalige Zeit. Heute gibt es hier noch Braunbären, Luchse, Steinadler usw. Aber ich schweife ab.

 

Lunzer See

Am Seebach merkte ich, dass durch den Regen der Bach nicht ganz in seinem Bett geblieben war. Zuerst konnte ich noch über eine Brücke, dann ein bisschen abseits des Weges durch die Bäume, dann über eine Steinmauer, die den Bach regulieren sollte, aber irgendwann ging es nicht mehr und ich musste einfach durch das Wasser laufen. Die Schuhe waren sofort mit kaltem Wasser vollgesogen, etwas, was ich mir schon immer gewünscht hatte. Ich dachte an die Wanderinnen hinter mir, die da auch noch durch mussten und sicher nicht sehr erfreut sein würden.

 

Zum Glück hatte ich ja nicht mehr weit. Bald war ich wieder auf der Straße und das Wasser war einigermaßen aus meinen Schuhen gelaufen. Nun lief ich bei ein paar netten Häusern direkt am See vorbei und ich summte Peter Fox’ „Haus am See“ das ich zuvor im Autoradio gehört hatte. „... und lauf einfach geradeaus. Und am Ende der Straße steht ein Haus am See. Organgenbaumblätter liegen auf dem Weg. Ich hab 20 Kinder meine Frau ist schön.“

 

Über eine leichte Kuppe lief ich wieder hinunter zum Seebad. Meine schöne Frau kam mir entgegen gelaufen. Sie hatte mit den Kindern in der Zwischenzeit heiße Schokolade in der „Seeterrasse“ getrunken und tummelte sich nun zurück, damit ich nicht in der Kälte warten musste, um zu meinen trocken Sachen im Auto zu kommen. Sehr lieb von ihr.

 

Am WC konnte ich mich wieder umziehen. Zum Aufwärmen wollte ich nun ins Solebad Göstling, das auch mit der Niederösterreich CARD zu besuchen war. Leider war es erstens winzig und zweitens aufgrund des Wetters ziemlich überlaufen. Wir blieben also nicht lange. Zum Abschluss fuhren wir noch auf das Hochkar, ebenfalls auf der Niederösterreich CARD, wegen des schlechten Wetters war die Mautstation aber sowieso nicht besetzt. Oben angekommen war ich wieder einmal an meinem Geburtstag im Schnee (Zeller See).