Längsee 24. Juni 2010

 

Der nächste Tag begann nun mit den Dichterlesungen. Ich versuchte möglichst früh im ORF-Theater zu sein, um auch wirklich einen Sitzplatz im Auditorium zu bekommen. Beim Bachmannpreis zu sein und dann alles nur über Monitore beobachten zu können, hätte es nicht so wirklich gebracht. Das Studio war ziemlich klein, im Fernsehen wirkt immer alles größer, als es in Wirklichkeit ist. Ich kam gerade zur Saalöffnung und ergatterte einen Platz sehr weit vorne. Durch die Hektik war ich gleich wieder schweißnass, etwas was mir offensichtlich nicht nur beim Laufen passiert. Zum Glück wurde die Hitze der Scheinwerfer im Studio einigermaßen hinausgekühlt, mit verschwitztem Hemd im Fernsehen zu sehen zu sein wäre doch etwas peinlich gewesen.

 

Nachdem ich mich im Vorfeld als Hörer registrieren ließ, bekam ich nun eine „Pressemappe“ (eigentlich eine sehr nette Umhängetasche) mit allerhand Goodies. Am Literaturstand kaufte ich mir ein Buch des Juryvorsitzenden Burkhard Spinnen mit dem Titel „Mehrkampf“. Das Buch handelt von einem ehemaligen Sportler, der sich gegen das Älterwerden stemmt. Wie passend.

 

Die Texte die ich zu hören bekam, waren etwas anders, als ich erwartet hatte. Kaum experimentell, sondern relativ „normal“ erzählt. Texte, die mir sympathisch waren, wurden von der Jury eher als langweilig bewertet, ein Text der Schweizerin Dorothee Elmiger, wo ich gleich mal gar nichts verstand, wurde dagegen logischerweise sehr gelobt. Sie sollte später den Kelag-Preis, sozusagen den 2. Preis gewinnen. Den Sieger bekam ich nicht zu hören, er war erst am dritten Lesetag dran.

 

Um 15 Uhr waren die Lesungen beendet und ich machte mich auf den Heimweg. Ich fuhr über die ehemalige Triester Straße, nunmehrige Klagenfurter Schnellstraße nach Norden und legte einen Zwischenstopp in St. Georgen am Längsee ein. So ein kleiner See müsste schon noch gehen, wenn ich schon mal da war. Einen größeren wollte ich nicht laufen, erstens war ich doch etwas zu schlapp und zweitens wollte ich dann auch nicht völlig übermüdet nach Hause fahren.

 

An St. Georgen verbanden mich durchaus auch sentimentale Gefühle. Hier verbrachte ich mit Conny in grauer Vorzeit unseren ersten gemeinsamen Urlaub. Damals reisten wir mit Zug und Fahrrad an. Das klingt zwar relativ sportlich, war aber nicht so sportlich, dass wir es damals auch einmal um den See geschafft hätten. Dafür schaffte ich eine Durchschwimmung. Als mir das Sonneliegen zu fad wurde und Conny nicht mit ins Wasser wollte, schwamm ich, sozusagen aus Protest, weit hinaus und schließlich gleich ans andere Ufer. Der See hatte damals aber sicher nicht einmal 20 °C und mir war danach so kalt, dass ich es nicht mehr wagte zurück zu schwimmen, sondern nass und ohne Schuhe mich über Wiesen und Zäune auf die Straße durchkämpfte und die halbe Runde zurück zum Strandbad marschierte. Sicher eine gröbere Blödheit. Heute gibt es die Überquerung des Längssees, allerdings quer zu meiner damaligen Schwimmrichtung, auch als Wettkampf.

 

Ich parkte etwas außerhalb von St. Georgen. Nachdem ich bis Wien mit trockenen Kleidern fahren wollte, zog ich mich im Auto komplett, inklusive Unterhose, um, sinnigerweise direkt vor dem Eingang zum FKK-Badestrand. Für das einzige stark befahrene Straßenstück gab es einen begleitenden Radweg und ich konnte daher gleich angenehm starten. Erfreut stellte ich auch fest, dass meine Beine schon wieder lockerer waren. Ich nahm mir daher vor, etwas schneller zu laufen, um den Schlapfschritt von gestern zu vergessen. Übertreiben wollte ich es aber auch nicht, gab es doch etliche Höhenmeter.

 

In Töplach zweigte ich von der Hauptstraße ab und lief auf der Nordseite des Sees eine Schotterstraße hinunter bis zu dem, dem Abfluss gegenüberliegenden Punkt, einen eigentlichen Zufluss gibt es mit Ausnahme einiger Rinnsale ja nicht. Danach ging es wieder steil bergauf nach Drasendorf. Auf diesem steilen Schotterstraßenstück war ich sogar schneller als einige Radfahrer.

Längsee

 

Auf der vis-à-vis Seite ging es, nun wieder auf Asphalt, leicht wellig weiter. Lustigerweise ist der Längsee so ziemlich der rundeste See in Kärnten. Der Wörther See z.B., der mehr als zehnmal so lang wie breit ist, würde diesen Namen viel eher verdienen. Mit einer leichten Steigung ging es hinauf zum Stift St. Georgen. Das Stift St. Georgen am Längsee feierte kürzlich seine Gründung vor 1000 Jahren und ist somit das älteste noch bewohnte Kloster Kärntens. Gestiftet wurde es von Herzog Othwin und seiner Frau Wichburg. Ihre Tochter wurde die erste Äbtissin, Wichburg lebte hernach im Kloster, Othwin in einer nahen Höhle. Ein typisches Männerschicksal eben. Aber immerhin wurden beide in der Krypta des Stifts begraben. Aber ich schweife ab. Nach dem Stift lief ich auf dem Radweg an der Hauptstraße wieder hinunter zu den Seebädern. Das letzte Stück verlief der Radweg durch den Wald wieder steil bergauf zu meinem Startpunkt.

 

Damit war der vierte See meiner „Kärntner Lauftage“ geschafft. Ich suchte mir auf einem „Zutritt verboten“-Weg noch einen schönen Aussichtspunkt für ein Beweisfoto. Dann vollzog ich im Auto wieder meine FKK-Übung, machte mich auf den Heimweg und freute mich nach einigen intensiven, meinem Hobby frönenden, Tagen wieder auf meine Familie.