Eigentlich fehlte mir laut meinem Trainingsplan für diese Woche noch ein Lauf und außerdem, wenn ich schon in der Gegend bin, sollte ich so viele Seen wie möglich sammeln. Die Abreise war jedoch schon für 10 Uhr geplant. Wenn ich also noch laufen wollte, dann ginge sich nur ein Nüchternmorgenlauf aus. Allzu sehr stressen wollte ich mich aber auch nicht. Ich beschloss daher, gleich nach dem Aufwachen aus dem Fenster zu schauen und dann zu entscheiden.
Gegen 7 Uhr wurde ich munter und sah ansatzweise blauen Himmel. Wenn ich mich jetzt nicht aus dem Bett quälen würde, dann hätte ich mir gar nichts vornehmen müssen. Es war ziemlich frisch, aber immerhin musste ich am Auto nicht Eis kratzen. Ich fuhr die paar Kilometer zum Irrsee. Langsam kam die Sonne heraus, in den Senken lag noch der Morgennebel. Im Autoradio spielten sie gerade Falco „Out of the Dark (Into the Light)”. Wie passend.
Gleich am südlichsten Punkt des Sees fuhr ich von der Bundesstraße ab und wollte am See parken. Nur fand ich den See nicht. Entweder hatte ich mich verfahren, oder der See war hier irgendwo im Nebel versteckt. Also fuhr ich noch ein Stück auf der Bundesstraße weiter und fand knapp vor Zell am Moos einen öffentlichen Badeplatz mit großem Parkplatz und konnte hier meine Runde beginnen. Erfreut stellte ich fest, dass es bei dem Stück, das ich neben der Bundesstraße laufen musste, wieder einen begleitenden Radweg gab.
Gleich zu Beginn merkte ich, dass meine Beine sehr schwer waren. Die 32 km vom Vortag waren wohl nicht spurlos an mir vorüber gegangen. Aber die nun anstehenden 13 km würde ich schon irgendwie schaffen. Verstärkt wurde das Ganze noch, weil es ständig leicht wellig auf und ab ging. In Zell am Moos konnte ich von der Bundesstraße runter und durch das Ortszentrum laufen, das zwar sehr nett, aber um diese Uhrzeit noch sehr verschlafen war. Die Radwegmarkierung half mir wieder den Weg zu finden und ich musste diesmal nicht auf meine Karte schauen. Irgendwie wirkte der See doch größer als vermutet und ich sehnte schon den nördlichsten Punkt herbei um endlich auf das Westufer zu wechseln, das schon verlockend in der Sonne lag.
Nachdem die Ufervegetation leicht wechselte, was dem erfahrenen Seenläufer ein untrügliches Zeichen dafür ist, dass das Ende der Längsausdehnung bald erreicht ist, konnte ich von der leichten Höhenlage der Bundesstraße hinunter auf Seenniveau. Immer mehr brach jetzt die Sonne durch die Nebelbänke. Landschaftlich war es ein Traum, läuferisch allerdings eher eine Qual. Ein Feldhaserl kreuzte meinen Weg, auf der Weide stand ein vielleicht ein paar Tage altes Kalb und schaute verdutzt. Ich blieb ein paar Mal stehen und versuchte mit dem Fotohandy die Stimmung einzufangen, was aber nur ansatzweise gelang. Das nächste Mal werde ich doch eher einen richtigen Fotoapparat mitnehmen. Jedenfalls ist es kein Wunder, dass sich Otto Schenk, Elfi Eschke, Reinhard Schwabenitzky und Karl Merkatz hier einen Zweitwohnsitz eingerichtet haben und die Stimmung hier als Kreativwerkstatt benutzen. Karl Merkatz, ein gelernter Tischler, hat sich übrigens die Möbel für seinen Bauernhof selbst gebaut. Aber ich schweife ab.
Die Stimmung war so entspannt, dass ich sogar von einem Radfahrer gegrüßt wurde, in Wien erwidern nicht einmal alle Läufer meine Grüße. Der Radfahrer war mit Rucksack unterwegs, wahrscheinlich zu einer Bergtour, also auch ein Sportlerkollege. Auch er blieb stehen um den See im Morgennebel zu fotografieren.
Das alles lenkte von meinen müden Beinen ab. Immerhin hatte ich jetzt schon innerhalb von 18 Stunden eine Marathondistanz hinter mich gebracht. Beim New York City Marathon läuft die Zieluhr 24 Stunden, mit dieser Leistung wäre ich also gewissermaßen NY-Finisher. Bald kam ich zu der Stelle, wo ich vor gut einer Stunde den See nicht gefunden hatte, noch das Stück zurück auf der Bundesstraße, geschafft! Jetzt konnte ich mir das Frühstück schmecken lassen.
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