Nachdem wir zuletzt eine Brauerei besucht haben, bei der es doch noch Gegenwartsbezug gibt, wollen wir nun wieder weit in die Vergangenheit zurück. Spuren sind daher diesmal kaum zu finden und
ich werde mich, nach den letzten doch etwas aufwendigeren Recherchen, nun etwas kürzer fassen können. Wie in Hütteldorf stand auch unsere heutige Brauerei mit einer Mühle in Verbindung. Aber der
Reihe nach.
1211 wurde vom Babenberger Leopold VI. dem Glorreichen, einem Urenkel Leopolds III., des Landespatrons Niederösterreichs, auf der Wieden das Heiligengeistspital gegründet. Es handelt sich
vermutlich um die älteste Wiener Spitalsstiftung und die erste Niederlassung der Hospitaliter vom Heiligen Geist im deutschsprachigen Raum. Der Orden wurde 1803 aufgelöst, mit dem Kloster Pulgarn
bei Steyregg existiert aber noch ein ehemaliges Klostergebäude dieses Ordens in Österreich.
Das Spital lag ungefähr dort, wo sich heute die Bibliothek der Technischen Universität befindet (Wiedner Hauptstraße 6) und ist auf dem Albertinischen Plan, der sehr rudimentären ersten kartographischen Darstellung Wiens aus dem Jahr 1421/22, zu finden.
Das Spital ist weiters auf dem Bild "Flucht nach Ägypten" des (früheren) Wiener Schottenaltars aus 1470, eine der wenigen Bildquellen aus jener Zeit, abgebildet.
Vom Heiligengeistspital wurde auch eine Mühle betrieben. Es kann angenommen werden, dass die Heiligengeistmühle auch schon 1211 bestand, da in der Gründungsurkunde des Spitals bereits ein Mühlbach erwähnt wurde und die Heiligengeistmühle zu den ältesten Mühlen Wiens gehörte. Bis ins Mittelalter war sie auch eine der bedeutendsten Mühlen. Sie lag am unteren Ende des Mühlbachs kurz vor seiner Einmündung in die Wien (heute ungefähr Operngasse 9).
Die Mühle, und damit kommen wir endlich zum Thema, hatte auch das Recht Bier zu brauen. Dies geht vermutlich erstmals aus einem Vertrag aus 1518 hervor, weshalb wir dies als Geburtsstunde der Brauerei annehmen wollen. Das Bier wurde in Lizenz des Bürgerspitals hergestellt, das damals die alleinige Brauberechtigung innehatte. Der seinerzeitige Müller und Brauer hieß Mert Orthofer, mehr ist aber über die Brauerei nicht mehr zu erfahren. Zur Lizenz gehörte auch die Bewilligung für einen Bierausschank, der sicher gut florierte, da die Mühle unmittelbar an der Wiedner Hauptstraße, schon damals eine wichtige Verbindung Richtung Triest, lag.
Das Heiligengeistspital wurde 1529 im Zuge der Ersten Türkenbelagerung zerstört. Die verbleibenden Besitztümer wurden 1530 der Diözese Wien zugeschlagen. Die Mühle samt Brauerei wurde wieder hergestellt, womit die jeweiligen Bischöfe danach auch Brauherren waren:
ab 1530 | Johann Fabri (auch Faber oder Heigerlein) |
ab 1541 | Friedrich Nausea |
ab 1552 | Christoph Wertwein |
ab 1554 | Petrus Canisius |
ab 1558 | Anton Brus von Müglitz |
ab 1563 | Urban Sagstetter von Gur |
ab 1574 | Johann Caspar Neubeck |
ab 1598 | Melchior Khlesl |
ab 1631 | Anton Wolfradt |
ab 1639 | Philipp Friedrich Graf Breuner |
ab 1669 | Wilderich Freiherr von Walderdorff |
ab 1681 | Emerich Sinelli |
Viele von ihnen sind in Wiener Straßennamen verewigt. Sinnigerweise anmerken möchte ich noch, dass der Onkel von Philipp Friedrich Graf Breuner, Großvater jenes Seyfried Christoph Graf Breuner war, der als Grundherr von Hacking auch Besitzer der Hütteldorfer Brauerei war.
Ohne dem Heiligengeistspital ging die Bedeutung der Mühle langsam zurück. Als 1683 zur Vorbereitung der Verteidigungsmaßnahmen im Zuge der Zweiten Türkenbelagerung die Bauverbotszone vor der Stadtmauer auf 450 m erweitert wurde, musste die Heiligengeistmühle abgebrochen werden, womit die Geschichte der damit verbundenen Brauerei endet.
Das Mühlrecht wurde rund 20 Jahre später, 1705, auf die weiter stadtauswärts anstelle des Wirtshauses „Zum schwarzen Bären“ von Georg Straub neu errichtete Bärenmühle übertragen, daher hielt sich auch für diese eine Zeit lang der Name Heiligengeistmühle. Brauerei gab es aber hier keine mehr. Der Mühlbach wurde schließlich 1856 zugeschüttet, womit auch der Betrieb dieser Mühle endete.
Zumindest den Mühlbach können wir heute noch aufspüren. Dazu treffen wir uns am stadtauswärtigen Ausgang der U4-Station Kettenbrückengasse. Nach Überquerung der Rechten Wienzeile folgen wir der Wehrgasse. Sie ist nach dem Gumpendorfer Wehr benannt, das ungefähr auf Höhe Rechte Wienzeile 73 die Wien aufstaute. Von hier nahm der Mühlbach seinen Ausgang. Wir kommen zur Grüngasse, die dem ehemaligen Mühlbach folgt und biegen in diese links ein.
Am Ende der Grüngasse stehen wir in einem Innenhof in dem wir die 2008 vorbildlich restaurierte alte Heumühle finden. Als gesichert gilt, dass sie bereits vor 1326 errichtet wurde, womit sie das älteste noch bestehende Profangebäude Wiens ist. Die ältesten heute nachweisbaren Mauerteile stammen aus 1529, sie tragen Brandspuren der Ersten Türkenbelagerung. Damit ist die Heumühle noch ein Zeitzeuge unserer Brauerei. Wir verlassen den Innenhof durch den Hauseingang Heumühlgasse 9.
Wir folgen dem weiteren Verlauf des Mühlbachs durch die nach ihm, bzw. nach den an ihm errichteten Mühlen benannte Mühlgasse.
An der Kreuzung mit der Schleifmühlgasse befinden wir uns am ungefähren Standort einer weiteren ehemaligen Mühle, von der aber, außer dem Straßenschild, nichts mehr zu finden ist.
An der Faulmanngasse versperrt die heutige Verbauung den weiteren Verlauf des Mühlbachs. Wir gehen daher nach links zur Rechten Wienzeile. Am Nachmarkt sehen wir das Geschäftslokal der Essigbrauerei Gegenbauer, auf die wir später noch zurückkommen werden.
Wir folgen der Wienzeile. Auf Nr. 3 stand früher die Bärenmühle, auf die das Mühlrecht der Heiligengeistmühle übertragen wurde. 1794 übersiedelte sie auf Haus Nr. 1, heute befindliche sich hier der Bärenmühldurchgang, durch den wir nun gehen. Der Mühlbach floss einst dort, wo heute die Hinterhöfe liegen, die wir rechter Hand sehen, bog dann halbrechts ab und kreuzte die Operngasse. Der Sage nach trägt die Bärenmühle den Namen aufgrund eines Bärenüberfalls auf den Müller. Am Haus Operngasse 18 finden wir ein entsprechendes Relief mit einer schematischen Darstellung der Mühle.
Gegenüber, ungefähr am Standort Operngasse 9 befand sich einst am linken Ufer des Mühlbachs die Heiligengeistmühle samt Brauerei. Nehmen wir einmal an, dass sich der Bierausschank gleich flussabwärts der Brauerei befand, dann wäre an seinem Standort heute die Kunsthalle Wien Karlsplatz und in ihr Lokal Heuer müssen wir nun einkehren.
Hier können wir uns überzeugen, dass Erwin Gegenbauer nicht nur Essig, sondern auch Bier herstellt. Der Familienbetrieb wurde 1929 von seinem Großvater gegründet und zu einer großen Gemüsekonservenproduktion ausgebaut. Erwin Gegenbauer übernahm das Unternehmen 1992. Als er merkte, dass er den eigenen Anspruch nach hoher Qualität im internationalen Preiswettbewerb nicht aufrechterhalten konnte, kehrte er in die unscheinbare großelterliche Manufaktur in der Waldgasse 3 in Favoriten zurück und konzentrierte sich auf die Herstellung von Spitzenessigen. Seit 2014 wird dort auch ein „Wiener Bier“ gebraut, das nicht weniger exklusiv ist und das wir nun am Standort der ehemaligen Brauerei in der Heiligengeistmühle verkosten können.
Da es im Heuer am Karlsplatz zwar gepflegte Biere aber sonst eher Haute cuisine als Brauhausküche gibt, wollen wir nun noch einer weiteren Brauerei huldigen. Dazu überqueren wir Karlsplatz und Ring und kehren in der Schwarzenbergstraße 2 in die 1516 Brewing Company ein.
Die Gasthausbrauerei wurde 1999 von Horst Asanger gegründet. Der Name erklärt sich einerseits dadurch, dass Asanger hier, seiner Leidenschaft folgend, hauptsächlich ausgefallene Biere im Stile amerikanischer Micro-Breweries braut und damit auch internationales Publikum ansprechen will. Dass nur beste Qualität aus dem Zapfhahn kommen soll zeigt, dass andererseits auch das Reinheitsgebaut von 1516 im Namen verewigt ist. Gibt es eine bessere Gelegenheit 500 Jahre Reinheitsgebot nun zu feiern?
Quellen
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Heiligengeistspital
https://library.hungaricana.hu/hu/view/Mosta_07/?pg=131&layout=s
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Leopold_VI.
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Leopold_III._der_Heilige
http://www.aeiou.at/aeiou.encyclop.b/b002118.htm
https://de.wikipedia.org/wiki/Hospitaliter_vom_Heiligen_Geist
https://de.wikipedia.org/wiki/Kloster_Pulgarn
http://www.wieden800.at/w800/flip/WIEDEN800/index.html#/6/zoomed ff
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Albertinischer_Plan_(1421/1422)
https://de.wikipedia.org/wiki/Schottenstift#Museum_im_Schottenstift
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Museum_im_Schottenstift
http://www.1133.at/document/view/id/859#heiligengeist
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Bisch%C3%B6fe_und_Erzbisch%C3%B6fe_von_Wien
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Johannes_Fabri
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Friedrich_Nausea
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Christoph_Wertwein
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Petrus_Canisius
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Antonius_Brus_von_M%C3%BCglitz
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Urban_Sagstetter
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Johann_Caspar_Neubeck
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Melchior_Khlesl
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Anton_Wolfrath
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Philipp_Friedrich_Breuner
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Wilderich_von_Walderdorff
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Emerich_Sinelli
https://de.wikipedia.org/wiki/Breuner
https://books.google.at/books?id=wJxAAAAAcAAJ&pg=PA145&lpg=PA145&dq=breuner
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Glacis
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/B%C3%A4renm%C3%BChle
https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Wehrgasse
http://www.bezirksmuseum.at/default/index.php?id=347
http://www.wieden800.at/w800/flip/5/index.html#/8/zoomed
http://www.1133.at/document/view/id/859#baeren
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